Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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Welt: Barrel-Preis von 100 Dollar ist selbst für Ölfirmen zu hoch
Erscheinungsdatum Website: 26.09.2023 15:30:02
Erscheinungsdatum Publikation: 26.09.2023
Starke US-Währung steigert Probleme der Abnehmerländer / Von Jinjoo Lee
NEW YORK (Dow Jones)--Steigende Ölpreise sind für Unternehmen, die das schwarze Gold aus der Erde pumpen, im Allgemeinen eine prima Sache. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Rohöl in der Nähe von 100 US-Dollar pro Barrel könnte ein zu hoher Preis für alle Beteiligten sein. Nachdem er die meiste Zeit dieses Jahres unterhalb der Marke von 90 Dollar pro Barrel verbracht hatte, kletterte der weltweite Referenzpreis der Sorte Brent Anfang September über diese Schwelle. Das war, als Saudi-Arabien und Russland erklärten, dass sie ihre Ölförderkürzungen bis zum Jahresende verlängern werden.
Während sich die Aktien von Öl- und Gasproduzenten im vergangenen Jahr meist im Gleichschritt mit dem Ölpreis bewegten, hat diese Beziehung deutlich nachgelassen. Seit dem 8. September, als die Rohölsorte Brent bei über 90 Dollar pro Barrel schloss, sind die Preise um weitere 2,6% gestiegen, während der Index der Ölproduzenten um 5,3% gesunken ist. Der Rückgang des Index könnte eine natürliche Verschnaufpause nach dem rasanten Wachstum seit 2021 sein. Es gibt aber auch gute Gründe für die Einstellung von Anlegern in Energieaktien, dass weniger manchmal mehr sein kann.
Ein Grund für die Zurückhaltung sind die Auswirkungen der hohen Preise auf die Nachfrage. Im Allgemeinen sind Ölpreise von über 100 Dollar pro Barrel für Autofahrer ein Schmerzpunkt, der sie dazu bringt, weniger zu fahren. Im Juni und Juli 2022, als die Preise der Sorte Brent im Durchschnitt bei etwa 110 Dollar pro Barrel lagen, ging die Benzinnachfrage in den USA - dem größten Verbraucher - um 4,1% zurück, verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, als die Preise die 70-Dollar-Marke erreichten. In den folgenden Monaten verringerte sich der Unterschied in der Benzinnachfrage im Vergleich zum Vorjahr, da die Ölpreise wieder fielen.
Die US-Amerikaner könnten bald weitere Gründe haben, sich sparsam zu verhalten. Im August hatten amerikanische Haushalte mit einem Jahreseinkommen von 50.000 bis 100.000 Dollar laut dem Bank of America Institute etwa 50% mehr auf ihren Spar- und Girokonten als in der Zeit vor der Pandemie. Nun aber droht ihren Reserven der Schwund, so zum Beispiel wenn die Rückzahlung von Studienkrediten im nächsten Monat wieder aufgenommen wird. Nach einigen Schätzungen fließen dann monatlich rund 100 Mrd US-Dollar ab.
Das Risiko eines Rückgangs des Kraftstoffverbrauchs ist in den Entwicklungsländern besonders hoch. Während sich die Ölpreise und der Wert des Dollars oft in entgegengesetzte Richtungen bewegen, sind sie in letzter Zeit gemeinsam gestiegen, stellt Ilia Bouchouev, geschäftsführender Partner bei Pentathlon Investments, fest. Das übt zusätzlichen Druck auf Länder wie China und Indien aus, die auf den Kauf von Öl in Dollar angewiesen sind. In der US-Währunf gerechnet sind die Brent-Rohölpreise im bisherigen Jahresverlauf um etwa 7,4% gestiegen. In chinesischen Yuan sind sie um 13% nach oben gegangen. Während die Preisobergrenze für russisches Öl dazu beiträgt, diese Auswirkungen abzufedern, beziehen China und Indien auch Öl aus anderen Ländern.