Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Ifo-Index stagniert - deutsches BIP dürfte sinken

Erscheinungsdatum Website: 25.09.2023 17:45:02
Erscheinungsdatum Publikation: 26.09.2023

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FRANKFURT (Dow Jones)--Das Ifo-Geschäftsklima hat sich im September weniger als erwartet eingetrübt, woran Geschäftslagebeurteilung und Geschäftserwartungen gleichermaßen Anteil hatten. Volkswirte rechnen trotzdem damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zunächst weiter sinken wird. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 85,7 (August: 85,8) Punkte. Es war der fünfte Rückgang in Folge. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einen Rückgang auf 85,0 prognostiziert.

Der Index der Lagebeurteilung verringerte sich auf 88,7 (89,0) Punkte. Volkswirte hatten einen Rückgang auf 87,9 Punkte prognostiziert. Der Index der Geschäftserwartungen erhöhte sich auf 82,9 (82,7) Punkte. Erwartet worden war ein Anstieg auf 82,8 Punkte. "Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle", kommentierten die Konjunkturforscher das Ergebnis.

Commerzbank: Massive Leitzinserhöhungen lösen Rezession aus

Bankvolkswirte äußerten sich überwiegend pessimistischer. "Nach den vorherigen vier ausgeprägten Rückgängen in Folge weist der Trend beim Ifo-Index weiter klar nach unten", schrieb Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in einem Kommentar. Für eine Rezession sprächen auch die massiven Leitzinserhöhungen im Euroraum und vielen anderen Ländern. "Eine weitere Belastung ist die hohe Verunsicherung der Unternehmen über die Wirtschaftspolitik der Regierung."

Gestützt sieht Krämer seine pessimistische Haltung von dem im Trend ebenfalls weiter rückläufigen Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes und von den um Großaufträge bereinigten Auftragseingängen. "Letztlich erwarten wir eine Rezession vor allem wegen der massiven Leitzinserhöhungen der Notenbanken." Auch für 2024 prognostiziert Krämer einen BIP-Rückgang.

Im verarbeitenden Gewerbe stieg der Geschäftsklimaindex leicht. Die Unternehmen waren mit der aktuellen Geschäftslage etwas zufriedener. Die Erwartungen verschlechterten sich minimal und blieben pessimistisch. Der Auftragsbestand ging weiter zurück. Im Dienstleistungssektor war das Geschäftsklima zum sechsten Mal in Folge rückläufig. Dies war auf eine merkliche Verschlechterung der aktuellen Lage zurückzuführen. Die Umsätze entwickelten sich schwächer als in den Vormonaten. Die Erwartungen konnten leicht zulegen, sind jedoch weiterhin von Skepsis geprägt.

Im Handel stieg der Index. Dies war auf weniger pessimistische Erwartungen zurückzuführen. Die Händler waren jedoch weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften. Im Bauhauptgewerbe fiel der Geschäftsklimaindikator auf den niedrigsten Wert seit Januar 2009. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage nochmals schlechter. Der Ausblick auf die kommenden Monate bleibt äußerst pessimistisch.

Union Investment: BIP sinkt im 3. und 4. Quartal

"Unserer Ansicht nach wird die Wirtschaftsleistung in Deutschland bis zum Jahresende weiter schrumpfen", schrieb Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment. Für das dritte Quartal erwartet er einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent und für das vierte Quartal ein Minus von 0,1 Prozent. "Ursache dafür sind unter anderem die kräftigen Zinsanhebungen, die zu erschwerten Finanzierungsbedingungen führen und das Wachstum immer mehr drücken."

Im zweiten Quartal hatte das BIP stagniert, im ersten Quartal und im letzten Jahresviertel 2022 war es um 0,1 und 0,4 Prozent gesunken. Eine erste Schätzung für das dritte Quartal wird am 31. Oktober veröffentlicht.

Trotzdem gibt es Zeuner zufolge auch Licht. "Die Auftragseingänge in der Industrie dürften die Talsohle gerade durchschreiten, und bei den privaten Haushalten dienen die Ersparnisse als konjunkturstabilisierender Puffer", kalkuliert er. Die Unternehmen beurteilten ihren Ausblick zudem wieder etwas zuversichtlicher als in den vergangenen Monaten. "Das Schlimmste könnte also demnächst hinter uns liegen."

KfW: Konsum dürfte Konjunkturimpulse geben

Nach Ansicht von KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib sind die Aussichten für die deutsche Konjunktur besser als die Quasi-Stagnation des Ifo-Geschäftsklimaindex im September dies nahelegt. "Merklich steigende Löhne, eine wohl in etwa stabile Beschäftigung und die inzwischen rückläufige Inflationsrate dürften dem Konsum in absehbarer Zeit neue Impulse geben", schrieb sie. Außerdem könnte im Laufe des Jahres 2024 eine globale geldpolitische Lockerung beginnen, von der Deutschland als Produzent von Investitionsgütern profitieren könne.

"Ein bedeutender Teil der gegenwärtigen Belastungen ist konjunktureller Natur, die Bewältigung der strukturellen Herausforderungen wie die demografische Alterung und die Energiewende verlangt dennoch höchste Priorität", merkte die Ökonomin aber auch an.

DJG/hab/mgo

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