Märkte der Welt

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Saubere und billige Ölförderung kommt nicht gratis

Erscheinungsdatum Website: 15.03.2023 15:35:03
Erscheinungsdatum Publikation: 16.03.2023

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Es droht ein ruinöser Wettbewerb / Von Jinjoo Lee

NEW YORK (Dow Jones)--Die Topmanager der Öl- und Gaswirtschaft erzählen allesamt die gleichen glänzenden, neuen Geschichten: Lasst uns weiter bohren und wir produzieren billigeres, weniger CO2-intensives Öl und Gas. Doch sind sie dazu wirklich in der Lage? Exxon-Chef Darren Woods sagte vergangene Woche auf der Branchenkonferenz Ceraweek, seine Firma sei einer der am wenigsten emissionsintensiven Kraftstoffproduzenten der Welt.

Solange es eine Nachfrage nach Benzin und Diesel gebe, sei die Herstellung durch Exxon eine saubere und lohnenswerte Option. Während er sich auf die Raffinerieaktivitäten der Firma bezog, deutete er auf einen ähnlichen Vorteil bei den vorgelagerten Upstream-Aktivitäten des Konzerns hin. Dabei verwies er auf das US-Permian-Basin als Quelle für saubere Kohlenwasserstoffe.

Zum Glück für die Ölgesellschaften gehen Rentabilität und geringe Emissionen häufig Hand in Hand. Bei einem Reservoir oder Ölfeld mit einer hohen Dichte von Kohlenwasserstoffen ist nicht so viel Energie für die Förderung nötig, so Deb Ryan von S&P Global Commodity. Im Allgemeinen sind neuere Lagerstätten weniger kohlenstoffintensiv als ältere, deren Förderung mehr Energie erfordert. Zudem haben diejenigen, die dank Stromleitungen Zugang zu Elektrizität haben, einen klaren Vorteil gegenüber denjenigen, die Diesel oder Erdgas verwenden.

Das Permian-Basin ist zwar nicht gerade das weltweit sauberste Ölfeld. Aber seine Kohlenstoffintensität hat sich im Laufe der Zeit verbessert. Nun zeichnet sich ein anderes Problem ab. Es gibt nur einen begrenzten Vorrat billiger, sauberer Kohlenwasserstoffe - etwas, das Wood Mackenzie als ?Peak Advantage? bezeichnet. Die Research-Firma schätzt, dass wirklich billige und kohlenstoffarme Öl- und Gasquellen nur etwa die Hälfte des bis 2050 prognostizierten Bedarfs fossiler Energieträger abdecken können.

Wenn der Wettlauf um billiges und sauberes Öl schiefgeht, könnten die Öl- und Gaskonzerne am Ende einen ruinösen Wettbewerb lostreten. Dabei würden kapitalstarke große Ölgesellschaften alle vorteilhaften Ressourcen an sich reißen, während kleinere Firmen auf schmutzigeren Anlagen sitzen bleiben könnten. Deren Sanierung könnten sie sich möglicherweise gar nicht leisten.

Um diesem Schicksal zu entgehen, muss wahrscheinlich mittelfristig ein Kompromiss zwischen Kosten und Kohlenstoffintensität gefunden werden. Doch momentan ist das Gegenteil der Fall. Die Ölgesellschaften sind möglicherweise gezwungen, weiter in die Exploration zu investieren, wenn sie an billigere, sauberere Kohlenwasserstoffe gelangen wollen. Laut Wood Mackenzie sind neuere Felder nicht nur kohlenwasserstoffreicher, sondern auch mit technisch ausgefeilten, saubereren Anlagen ausgestattet. Und je älter die Anlagen werden, desto teurer wird es für die Unternehmen, sich mit der Kohlenstoffreduzierung zu befassen.

Derzeit scheint der Preis eine größere Rolle zu spielen als der Kohlenstoffgehalt. Laut Ryan lassen sich mit der Förderung emissionsärmeren Öls im Moment keine höheren Preise erzielen. Auch die Investoren bewerteten sauberere Produzenten nicht höher.

Günstig für alle Beteiligten ist, dass auch billig operierende Unternehmen heute behaupten können, sauber zu sein. Wenn Firmen jedoch zielstrebig um die billigsten und saubersten Barrel wetteifern, könnte dieser Wettbewerb für alle Beteiligten schmutzig und ruinös enden.

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