Märkte der Welt

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China hinkt mit seinem Fiskalturbo den USA hinterher

Erscheinungsdatum Website: 25.01.2023 15:00:29
Erscheinungsdatum Publikation: 26.01.2023

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Konjunkturerholung ist so gut wie sicher / Von Nathaniel Taplin

BEIJING (Dow Jones)--Das "Jahr des Hasen" steht vor der Tür. Und Chinas Wirtschaft steht nach einem sehr schwierigen Jahr 2022 vor einem Sprung. Das Reich der Mitte könnte 2023 um 5% wachsen - gegenüber 6% im Jahr 2019 sowie 3% im Vorjahr - und vielleicht sogar noch mehr.

Dennoch ist Vorsicht angebracht. Der Optimismus stützt sich im Wesentlichen auf die Erfahrungen des Westens und insbesondere der USA mit der Post-Pandemie. In den schlimmsten Phasen des Jahres 2020 blieben dort viele Menschen zu Hause und sparten. Im Jahr 2021, als sich die öffentliche Gesundheitssituation verbesserte, begannen die Menschen, Geld auszugeben, was einen Wirtschaftsboom auslöste - und die Inflation.

Die Situation in China ist in mancherlei Hinsicht ähnlich, aber es gibt auch einige sehr gravierende Unterschiede. So häuften die chinesischen Haushalte im Laufe der Pandemie zwar erhebliche Ersparnisse an, allerdings weit weniger stark als die US-Bürger. Außerdem hat der Wert des größten Vermögenswertes der meisten Haushalte - der Wohnraum - in den vergangenen zwei Jahren erheblich gelitten.

Mehrere wichtige Säulen des chinesischen Arbeitsmarktes - Export, Internettechnologie und Wohnungsmarkt - sind nach wie vor mit strukturellem oder zyklischem Gegenwind konfrontiert. Und schließlich sind die finanziellen Bedingungen nach wie vor relativ angespannt. Das Kreditwachstum fiel im Dezember insgesamt schwach aus, und die Anleiherenditen sowie Geldmarktsätze sind in den vergangenen Wochen geklettert. All dies bedeutet, dass die chinesischen Stimulierungsmaßnahmen die Wirtschaft in diesem Jahr zwar ankurbeln, aber diejenigen enttäuscht sein dürften, die einen Konsumrausch im Stil des Jahres 2021 in den USA erwarten.

Das soll nicht heißen, dass die chinesischen Ersparnisse nicht beträchtlich sind. Nach Angaben des CEIC sparten die Haushalte in der Volksrepublik 2022 pro Kopf etwa 33% ihres verfügbaren Einkommens, gegenüber den bereits hohen 30% im Jahr 2019. Und die persönlichen Einlagen wuchsen laut der Rating-Agentur Fitch im Jahr 2022 um volle 17%. Allerdings geht wohl ein Teil dieses Anstiegs aufs Konto von Erlösen aus dem Verkauf anderer risikoreicherer Vermögenswerte wie Aktien und nicht auf neue Ersparnisse.

Nichtsdestotrotz verblasst der Anstieg der Sparquote der chinesischen Haushalte im Vergleich zu dem, was in den Jahren 2020 und 2021 in den USA geschah. Drei Runden von Konjunkturpaketen sowie die eigene Vorsicht der US-Verbraucher ließen die persönliche Sparquote in den Vereinigten Staaten Anfang 2020 und dann wieder Anfang 2021 kurzzeitig auf über 20% emporschnellen. Nach Angaben der Regierung in Washington sprang diese Quote von rund 9% im Jahr 2019 nach oben.

Und da - anders als in China - der Konsum in normalen Zeiten den Löwenanteil der US-Wirtschaft ausmacht, war der Wachstumsschub durch den Abbau dieser zusätzlichen Ersparnisse der Haushalte ebenfalls enorm. Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass sich die chinesische Wirtschaft in diesem Frühjahr und Sommer nach dem Mondneujahrsfest kräftig erholt - wie im Westen werden die Haushalte die verlorene Zeit aufholen wollen. Aber ein langwieriger, mehrjähriger Konsumrausch im Stil der USA ist wohl nicht zu erwarten.

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