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Buch: Makrofinanzielles Umfeld deutlich verschlechtert

Erscheinungsdatum Website: 24.11.2022 21:39:00
Erscheinungsdatum Publikation: 28.11.2022

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die Stabilität des deutschen Finanzsystems wird nach den Worten von Bundesbankvizepräsidentin Claudia Buch von höheren Energiekosten und gestiegenen Zinsen bedroht. Buch sagte bei der Vorstellung des aktuellen Finanzstabilitätsberichts der Bundesbank laut veröffentlichtem Redetext, höhere Energiekosten belasteten Unternehmen und Haushalte finanziell, weshalb künftige Kreditrisiken zunähmen. Zudem seien höhere Zinsen für Banken nicht nur vorteilhaft, sondern drückten auch den Kurs von Wertpapieren. Hinweise auf einen starken Einbruch der Immobilienpreise sieht die Bundesbank Buch zufolge nicht. Eine Senkung der antizyklischen Kapitalpuffer sei nicht angemessen.

"Vor einem Jahr erwarteten wir einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung. Zinsen und Inflation waren niedrig. Heute haben realwirtschaftliche Risiken und die Inflation deutlich zugenommen. Aus Verwundbarkeiten können Verletzungen werden, die später nur schwer zu heilen sind", sagte Buch. Zudem seien Risiken, vor denen die Bundesbank im vergangenen Jahr gewarnt habe, inzwischen eingetreten: "Beispielsweise sind die Bewertungen an den Märkten deutlich gefallen - mit entsprechenden Verlusten für die Finanzinstitute."

Ein wichtiges Stabilitätsrisiko stellt Buch zufolge die starke Abhängigkeit Deutschlands von ausländischen Energielieferungen dar. "Gerade eine verschärfte Energiekrise würde die Realwirtschaft massiv belasten. Eine Rationierung von Gas wäre problematisch, denn fehlendes Gas lässt sich nicht durch Geld ersetzen", sagte sie. Zudem reduzierten die hohen Energiepreise die realen Einkommen in Deutschland. "Diese höheren Kosten für Energie können innerhalb des Landes nur umverteilt werden. Unternehmen und Haushalte sind daher stärker finanziell belastet, künftige Kreditrisiken steigen."

Die Bundesbankvizepräsidentin wies darauf hin, dass steigende Nominalzinsen für Banken nicht nur gut seien, sondern auch Nachteile hätten, weil höhere Zinsen die Kreditnehmer zusätzlich belasten. "Höhere Zinsen haben zudem die Kurse für Wertpapiere gedrückt - die Banken mussten Abschreibungen vornehmen und haben ihre stillen Reserven bereits weitgehend aufgebraucht", hielt sie fest. Zugleich bestünden Anreize für eine weitere Verschuldung fort, weil die Nominalzinsen langsamer gestiegen seien als die erwartete Inflation.

Zum Immobilienmarkt sagte Buch: "Insgesamt steigen die Preise für Wohnimmobilien weiter, wenn auch mit geringerer Dynamik. Hinweise auf einen starken Einbruch der Immobilienpreise und einen Abbau von Überbewertungen gibt es allerdings nicht."

Die Schuldentragfähigkeit der Unternehmen hält die Bundesbank auf Basis bilanzieller Kennzahlen für "recht solide". Dass die Banken ihre Kreditrisiken als eher gering einschätzen, spiegelt nach Buchs Aussage jedoch in erster Linie vergangene Entwicklungen. "Die Zeitreihen, mit deren Hilfe Banken künftige Kreditrisiken abschätzen, könnten ... ein zu optimistisches Bild der Zukunft zeichnen, sagte sie unter Verweis auf die in der Corona-Pandemie künstlich gedrückten Insolvenzzahlen.

Anlass für eine Senkung der antizyklischen Kapitalpuffer von Banken sieht Buch bisher nicht. "Die Auswirkungen des Maßnahmenpakets werden regelmäßig überprüft: Bisher sind keine negativen Nebenwirkungen zu erkennen", sagte sie. Wenn aber sehr adverse Entwicklungen eintreten sollten, könne die Aufsicht jederzeit beschließen, die makroprudenziellen Puffer freizugeben. "Dies kann der Fall sein, wenn signifikante Verluste im Finanzsystem auftreten oder sich diese klar andeuten und wenn daher eine übermäßige Einschränkung des Kreditangebots droht."

DJG/hab/cbr/28.11.2022

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