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Baerbock: Mehr Geld gegen Hunger zur Verhinderung eines "Tsunami" nötig

Erscheinungsdatum Website: 24.06.2022 15:45:04
Erscheinungsdatum Publikation: 27.06.2022

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BERLIN (Dow Jones)--Vor Beginn der Welternährungskonferenz in Berlin hat die Bundesregierung von der Weltgemeinschaft mehr Geld im Kampf gegen den Hunger gefordert. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte, dass in diesem Jahr 44 Milliarden Euro im Kampf gegen eine globale Hungerkrise nötig seien. Bislang sei aber lediglich die Hälfte davon finanziert. Es gelte, den sich aufbauenden "Tsunami" in den Griff zu bekommen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte zu, dass Deutschland in diesem Jahr rund 4 Milliarden Euro für die Bekämpfung des Hungers weltweit einsetzen werde.

"Es ist eine Hungerkrise, die sich wie eine lebensbedrohliche Welle vor uns auftürmt", warnte Baerbock auf eine gemeinsamen Pressekonferenz mit Schulze und Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Gründe für die Hungerkrise seien regionale Konflikte, die Taliban in Afghanistan, Dürren, die Klimakrise sowie Nachfolgen der Covid-Pandemie. "Aber erst Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat aus einer Welle einen Tsunami gemacht."

Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen leiden aktuell rund 345 Millionen Menschen in 82 Ländern akut Hunger. Baerbock betonte, es gehe neben Geld auch darum, Transportwege für die Getreidelieferungen zu sichern, damit der hungernde globale Süden versorgt werden könne. Der russische Angriffskrieg gegen den wichtigen Getreidelieferanten Ukraine habe zu einem Einbruch bei den Getreidelieferungen geführt.

Man suche nach alternativen Routen für ukrainisches Getreide auf dem Landweg und über die Binnengewässer. Baerbock wies zudem Darstellungen zurück, nach denen es Sanktionen gegen russische Getreideexporte gebe. Im Mai und Juni 2022 hätte Russland etwa genauso viel Weizen wie im Vorjahr exportiert.

Russisches Narrativ "völlig haltlos"

Das russische Narrativ, Sanktionen der Europäischen Union und der G7 seien Grund für gestiegene Lebensmittelpreise, sei daher "völlig haltlos". Es möge durch Sanktionen zu mittelbaren Effekten kommen sein, dass Unternehmen und Banken sich aus Vorsicht aus an sich erlaubten Geschäften zurückzögen.

Man arbeite daher als Europäische Union und als Gruppe der sieben führenden demokratischen Industrienationen (G7) daran, für rechtliche Klarheit zu sorgen gegenüber Banken, Versicherungen oder auch Exportunternehmen. Man sanktioniere keine russischen Getreideexporte. "Klar ist aber, diese Effekte sind gering im Vergleich zu dem, was Russland mit dem Krieg, mit der Zerstörung und vor allem der Hafenblockade anrichtet", sagte Baerbock.

Andere Länder sollten Deutschland folgen

Entwicklungsministerin Schulze erklärte auf der Pressekonferenz, dass die Auflösung der Blockade gegen ukrainische Getreidelieferungen wichtig wäre. "Aber niemand sollte sich darauf verlassen, dass dieser Weg alleine die Hungerkrise kurzfristig löst", sagte Schulze.

Man müsse die Länder krisenfester und unabhängiger machen. Aber auch finanzielle Hilfen seien nötig. Deutschland sei nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs als erstes Land in Vorleistung gegangen und habe 430 Millionen Euro zusätzlich zur Abfederung der Kriegsfolgen für die Ernährungssicherheit zugesagt.

Insgesamt werde die Bundesregierung in diesem Jahr rund 4 Milliarden Euro für die Bekämpfung des Hungers weltweit investieren. "Heute werden wir dafür werben, dass weiter Länder unserem Vorbild folgen und in den nächsten Wochen ebenfalls Zusagen machen", sagte Schulze.

DJG/aat/apo/27.06.2022

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