Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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EZB: Finanzielle Bildung in Deutschland am höchsten

Erscheinungsdatum Website: 12.01.2022 17:05:03
Erscheinungsdatum Publikation: 13.01.2022

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FRANKFURT (Dow Jones)--Deutschland ist nach Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) das Land des Euroraums, dessen Bürger die höchste finanzielle Bildung aufweisen. Wie ein aktueller EZB-Bericht zeigt, geht das mit einer überdurchschnittlichen hohen Nutzung von Zeitungen als Informationsquelle zu geldpolitischen Themen einher. Im Durchschnitt des Euroraums spielt das Fernsehen eine weitaus größere Rolle.

Laut EZB-Bericht, der in diesem Punkt auf Daten von Standard & Poor's (S & P) von 2020 beruht, beantworteten 65 Prozent der in Deutschland befragten Personen mindestens drei von fünf Fragen mit Bezug zu Risikodiversifizierung, Inflation, rechnerischen Fähigkeiten und Zinseszins richtig. Ähnlich hoch war diese Quote nur in den Niederlanden und Finnland. In Frankreich waren es 53 Prozent und in Italien 38 Prozent. Schlusslicht war Portugal mit 26 Prozent.

Für die EZB ist das von Belang, weil sie mit ihrer Kommunikation zunehmend nicht nur Fachkreise, sondern eine breite Öffentlichkeit erreichen will. Dazu muss sie ihre Botschaften richtig formulieren. Der Bericht enthält die aus EZB-Sicht eher ernüchternde Nachricht, dass laut einer im Mai 2021 angestellten Umfrage zwar 87 Prozent der Menschen schon mal etwas "von der EZB gehört" haben, aber 55 Prozent nicht an ihrer Geldpolitik interessiert sind, 27 Prozent "überhaupt nicht". 31 Prozent bezeichnen ihr Wissen als "sehr schlecht".

Wichtigste Informationsquelle der Menschen im Euroraum in Sachen EZB ist das Fernsehen - 81 Prozent informieren sich hier, 58 Prozent in Zeitungen, 49 Prozent in Online-Medien. Weit abgeschlagen sind soziale Medien - Facebook kommt auf 14 Prozent, Twitter auf 7 Prozent. In Deutschland ist der Anteil der Menschen, die sich über Printmedien informieren, mit 68 Prozent am höchsten. In Frankreich sind es 49 Prozent, in Italien 62 Prozent.

Der Umfrage zufolge nehmen die Menschen im Euroraum die Aufgaben der EZB anders wahr als von der EZB selbst kommuniziert. Die Begrenzung der Inflation, eigentlich das Primärmandat, halten nur 64 Prozent für ihre vordringliche Aufgabe. Wichtiger scheinen den Menschen die Stabilisierung des Euro-Wechselkurses (66 Prozent), Hilfe für Länder mit finanziellen Schwierigkeiten (67 Prozent) und die Sicherung der Finanzstabilität (71 Prozent).

Ein weiteres Ergebnis des Berichts ist, dass das Vertrauen der Menschen in die EZB nicht nur vom Erfolg ihrer Politik abhängt. Es ist auch umso höher, je mehr die Menschen anderen Menschen generell vertrauen ("soziales Vertrauen"). Dieses "instinktive" Vertrauen scheint laut einer EZB-Grafik in Mittel- und Nordeuropa insgesamt größer zu sein als in Südeuropa. Eine Rolle spielt aber auch das Vertrauen, das sich in Kenntnis der Aufgaben der EZB bildet.

Die EZB sieht sich selbst vor der Aufgabe, verständlicher zu kommunizieren, ohne dabei zu stark zu vereinfachen. Das sei aber besonders in Krisenzeiten schwierig. "Die Pandemie und die politische Reaktion darauf haben zu komplexeren und komplizierteren Maßnahmenpaketen geführt, was sich auch in der Komplexität der Reden widerspiegelt", merkt die EZB an. Ziel sei es, sich nach Möglichkeit wieder verständlicher auszudrücken.

DJG/hab/apo

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