Märkte der Welt

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Der Yuan könnte seinen Zenit erreicht haben

Erscheinungsdatum Website: 22.12.2021 14:50:03
Erscheinungsdatum Publikation: 23.12.2021

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Trends dürften sich umkehren / Von Aaron Back

BEIJING (Dow Jones)--Die chinesische Währung war im abgelaufenen Jahr ein Überraschungsgewinner. Er legte gegenüber dem Dollar stetig an Wert zu - und das obwohl Chinas Wirtschaft ins Stocken geriet. Doch kaum etwas deutet darauf hin, dass der Höhenflug anhält.

Es gibt einige wichtige Faktoren, die den Yuan gestützt haben. An erster Stelle steht der außergewöhnlich hohe Handelsüberschuss Chinas. Eine enorme, pandemiebedingte Verlagerung der westlichen Nachfrage auf Waren statt auf Dienstleistungen hat China massiv begünstigt. Darüber hinaus haben Corona-Ausbrüche die Produktion in rivalisierenden Exportländern wie Vietnam zum Erliegen gebracht, was die Abhängigkeit der Welt von chinesischer Fertigung erhöhte. Und schließlich bremste Chinas hartes Durchgreifen gegen die Pandemie im eigenen Land den Inlandsverbrauch und damit die Einfuhren.

Die Ergebnisse waren eindeutig. Der chinesische Handelsüberschuss markierte im Oktober mit 84,5 Mrd US-Dollar ein Rekordniveau. In den ersten elf Monaten des Jahres ist der Überschuss gegenüber dem Vorjahreszeitraum um satte 30% auf 595 Mrd emporgeschnellt. Dies resultiert in einen Zustrom von Geldern nach China, der einen natürlichen Aufwertungsdruck auf die Währung ausübt. Infolgedessen hat der Yuan im bisherigen Jahresverlauf gegenüber dem Dollar um etwa 2,6% zugelegt. Das ist relativ beeindruckend, da der US-Dollar wiederum gegenüber den meisten anderen Währungen der Welt stark zulegte.

Wenn man jedoch davon ausgeht, dass sich die Pandemiebedingungen in den USA und in Europa bald wieder verbessern, ist es leicht vorstellbar, dass sich viele dieser Trends umkehren. Die Nachfrage nach Dienstleistungen könnte sich erholen, wenn die Verbraucher sich wieder für Dinge wie Maniküre, einen Abend in der Stadt oder ein Konzert entscheiden, die nicht aus China importiert werden können. So könnte die Nachfrage nach Gütern endlich eine Verschnaufpause einlegen, da die meisten, die sich eine neue Wohnung einrichten oder ihre Technik aufrüsten wollten, dies bereits getan haben.

Unterdessen dürfte der Abwärtsdruck bald von anderer Seite kommen. Vor allem die Aussicht auf Kapitalabflüsse könnte wieder steigen. Bisher gab es trotz der Immobilienkrise und des Wachstumseinbruchs in China kaum Anzeichen für eine Kapitalflucht, und zwar aus zwei Gründen. Erstens wurden die Kapitalverkehrskontrollen nach der vorerst letzten Welle von Kapitalabflüssen in den Jahren 2015 und 2016 erheblich verschärft. Zweitens widerstand die People's Bank of China bisher dem Druck, die Geldpolitik zu lockern, und hielt die Zinssätze relativ hoch, um in der Wirtschaft überschüssige Schulden und Spekulationen abzubauen.

Beijing hat jedoch begonnen, klare Signale zu senden, dass die Politik auf eine Lockerung umstellt. Die PBoC hat bereits den Mindestreservesatz der Banken gesenkt. Und zuletzt senkte sie den Leitzins für einjährige Kredite leicht um 0,05 Prozentpunkte. Die Regierung scheint nun Druck auf die Zentralbank auszuüben, wie dies seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war. Niedrigere Zinssätze in China werden die Märkte des Landes für globales und inländisches Kapital weniger attraktiv machen, insbesondere wenn die USA ihre Konjunkturmaßnahmen zurückfahren und irgendwann die Zinsen anheben. Dann werden Chinas neue und verbesserte Kapitalverkehrskontrollen in einer Weise auf die Probe gestellt werden, wie es seit ihrer Einführung nicht mehr der Fall war.

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