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Opposition kündigt Widerstand zur Notbremse an

Erscheinungsdatum Website: 16.04.2021 18:05:32
Erscheinungsdatum Publikation: 19.04.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Die Opposition im Deutschen Bundestag hat die von der Bundesregierung geplante bundesweite Notbremse in der Corona-Pandemie und die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen kritisiert. Besonders scharf war die Kritik an der Ausgangssperre, die nach Ansicht der FDP unverhältnismäßig sei. Die Linken und Grünen warfen der Regierung einen wachsweichen Kurs bei der Wirtschaft vor, während die Auflagen für das Privatleben und die Kinder zu hart seien.

Linke sieht bei Regierung "autoritäre Symbolpolitik"

"Sie sagen, das Virus versteht kein Zögern, aber die Lage ist jetzt so, dass es bereits zehn nach zwölf ist. Die Inzidenz steigt, die Auslastung der Intensivbetten steigt, es gibt dramatische Appelle nahezu täglich von den Intensivmedizinern, die Folgen bei jungen Menschen, Long-Covid, werden immer deutlicher sichtbar", sagte Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch während der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag.

Merkel habe bereits vor drei Wochen in Aussicht gestellt, dass gehandelt werden müsse. "Das Versagen der Verantwortlichen im Umgang mit dieser Krise erscheint vielen Bürgern inzwischen als unverzeihlich", so der Linken-Politiker.

Das Gesetz, das am Freitag von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag eingebracht wurde, sieht bei hohen Corona-Infektionszahlen eine bundesweit geltende Notbremse mit geschlossenen Läden und nächtliche Ausgangssperren vor. Die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen von 21 Uhr bis 5 Uhr sollen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Fällen pro 100.000 Einwohner greifen. Unternehmen sollen ihren Beschäftigten einen wöchentlichen Corona-Test anbieten, wenn diese nicht von zu Hause arbeiten können. Schulen und Kindergärten sollen ab einer Inzidenz von 200 schließen und nur noch eine Notbetreuung anbieten. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt deutschlandweit aktuell bei 160,1.

Bartsch warf der Bundesregierung vor, bei der Wirtschaft mit den Auflagen in der Corona-Pandemie "wachsweich" vorzugehen. Die Linken-Fraktion werde dem Gesetzentwurf in der jetzigen Form daher nicht zustimmen. "Sie erhalten von meiner Fraktion keinen Blankoscheck" für die Pandemiebekämpfung, denn das Gesetz sei kein schnelles Instrument zur Brechung der dritten Welle. "Es ist vielfach autoritäre Symbolpolitik", so Bartsch.

Pauschale Ausgangssperren für FDP unverhältnismäßig

Der FDP-Fraktionschef Christian Lindner stößt sich an den nächtlichen Ausgangsbeschränkungen und die eindimensionale Beschränkung auf die Inzidenzahlen beim Einsetzen der Notbremse. Die Lage sei ernst und es müsse schnell, wirksame und rechtssicher gehandelt werden. Dabei sei der Einsatz von Masken, Kontaktbeschränkungen, Testungen auch das Impfen wichtig. Bei den geplanten Ausgangssperren, wie sie pauschal im jetzigen Gesetzesentwurf vorgesehen seien, habe er Vorbehalte. "So, wie Sie es in das Gesetz schreiben wollen, ist es unverhältnismäßig", sagte Lindner im Bundestag. Die FDP werde Vorschläge unterbreiten, um das Gesetz verfassungsgemäß zu machen.

Notbremse reicht für Grüne nicht aus

Grüne-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt monierte das viel zu späte Handeln der Bundesregierung. Bereits im März habe es Lockerungen gegeben trotz des sich abzeichnenden Anstiegs der Infektionszahlen. Nun sei Eile nötig. Besonders aber müsste nachgeschärft werden, um im Wirtschaftsleben die Kontakte zu reduzieren. "Das Gesetz, das wir heute hier diskutieren, ist nicht genug. Es reicht nicht aus, um die dritte Welle wirklich zu brechen", sagte Göring-Eckardt. Es sei "definitiv nicht verhältnismäßig", dass die Bundesregierung in der Wirtschaft weiter locker sei und die Test nicht verbindlich gemacht habe, während gleichzeitig Ausgangsbeschränkungen verhängt werden sollen.

"Lassen Sie uns das Gesetz verbessern, damit es eine echte Notbremse ist", so die Grünen-Politikerin. Nötig sei ein echter Stufenplan, der bereits bei einer Inzidenz von unter 100 greife.

AfD sehen obrigkeitsstaatliches Denken

Die AfD-Fraktion ging zum Generalangriff über und warf Merkel "autoritären Ungeist" vor. "Noch nie hat es eine Bundesregierung gewagt, in so wenigen Sätzen so viele Angriffe auf die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger, auf Rechtsstaatlichkeit und demokratische Prinzipien unterzubringen, wie in diesem Gesetzesentwurf", sagte AfD-Fraktionschefin Alice Weidel in der Debatte.

"Die vorgeschlagene Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes ist ein alarmierendes Dokument obrigkeitsstaatlichen Denkens. Dieser Rückfall in den autoritären Ungeist geht vom Kanzleramt aus und von Ihnen aus, Frau Bundeskanzlerin." Mit dem Gesetzentwurf beweise die Regierung ihr Misstrauen gegenüber den Bürgern.

DJG/aat/jhe

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