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Wirtschaftsverbände warnen Abgeordnete vor Lieferkettengesetz

Erscheinungsdatum Website: 26.03.2021 16:45:03
Erscheinungsdatum Publikation: 29.03.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und ein breites Bündnis von 27 Wirtschaftsverbänden haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestags eindringlich zu Nachbesserungen am geplanten Lieferkettengesetz aufgefordert. Der von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegte Regierungsentwurf müsse anhand von fünf wesentlichen Kriterien "grundsätzlich" überarbeitet werden, heißt es in dem Schreiben an alle Parlamentsmitglieder. So sollte vor dem Hintergrund der Corona-Krise und den eigenen Plänen der EU für ein Sorgfaltspflichtengesetz der Geltungsbereich um zwei Jahre verlängert werden. "Sofern dies nicht möglich ist, empfehlen wir eine Ablehnung."

Aus Sicht der Wirtschaft droht der Entwurf für das Sorgfaltspflichtengesetz seinen zentralen Regelungszweck zu verfehlen, nämlich die Menschenrechtslage im Ausland zu verbessern. Denn Unternehmen, die die damit verbundenen Risiken nicht tragen könnten, müssten sich aus den Ländern zurückziehen. "In diese Lücke würden an kritischen Standorten im Zweifelsfall ausländische Wettbewerber mit niedrigeren Standards springen", so der Brief. "Damit könnte das Gesetz im Ergebnis sogar eine Verschlechterung des Menschenrechtsschutzes vor Ort bewirken."

Das vom Kabinett Anfang März beschlossene Gesetz verpflichtet ab 2023 Konzerne mit mindestens 3.000 Beschäftigten und ab 2024 Betriebe mit mindestens 1.000 Mitarbeitern zu strengeren Sorgfaltspflichten. Das beträfe schätzungsweise rund 2.500 Unternehmen. Verstöße sollen auch mit Geldbußen geahndet werden. So will die Bundesregierung sicherstellen, dass schlimmste Formen von Ausbeutung, Kinder- und Sklavenarbeit im Handel mit Schwellen- und Entwicklungsländern ausgeschlossen sind. Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten hatten das Gesetz als zu zahnlos bezeichnet.

Der BDI und die weiteren Verbände halten die Vorgaben dagegen als zu unbestimmt, nicht umsetzbar und wettbewerbsverzerrend. Nach den jetzigen Plänen würden beispielsweise ausländische Unternehmen, die mit rechtlich unselbständigen Zweigniederlassungen in Deutschland tätig sind, "begünstigt und deutsche Unternehmen diskriminiert". Die Wirtschaft fürchtet zudem eine zivilrechtliche Haftung durch die Hintertür, weshalb hier eine klarstellende Formulierung nötig sei.

Auch würden rechtsstaatliche Grundsätze missachtet: Um Sanktionen zu verhängen, soll die künftige Kontrollbehörde - das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) im Geschäftsbereich des Wirtschaftsministeriums - künftig auch Zugang zu Betriebsstätten der Unternehmen erhalten und dort umfassend Unterlagen einsehen können. Dazu müssten die Beamten nicht einmal einen richterlichen Beschluss einholen, während etwa Steuerfahnder deutlich klareren Grenzen unterliegen. Auch unternehmensinterne Ermittlungen seien nicht von dem Zugriffsrecht ausgenommen. "Das macht Unternehmen zu strafrechtlichen Hilfsermittlern gegen ihre eigenen Zulieferer", warnen die Verfasser des Schreibens.

DJG/pso/mgo/29.03.2021

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