Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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70 Ökonomen fordern Einführung eines Lieferkettengesetzes

Erscheinungsdatum Website: 13.01.2021 15:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 14.01.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) erhalten im Ringen um ein Lieferkettengesetz Unterstützung aus der Wirtschaftswissenschaft. In einem gemeinsamen Appell fordern 70 Ökonomen eine rasche Einführung einer solchen Regelung. Die Bundesregierung müsse ihre Zusagen aus dem Koalitionsvertrag "zügig umsetzen", noch in dieser Legislaturperiode ein Lieferkettengesetz verabschieden "und zugleich für eine starke EU-weite Regelung eintreten", heißt es in dem Aufruf.

"Ein wirkungsvolles Lieferkettengesetz muss zu Verhaltensänderungen in den Unternehmen führen und bei Verletzung der Sorgfaltspflichten ordnungs- und haftungsrechtliche Konsequenzen einschließen", fordern die Erstunterzeichner. Um die von Heil und Müller vorgelegten Eckpunkte für ein solches Gesetz gibt es seit Monaten Streit in der Regierungskoalition, weil vor allem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) noch Bedenken hat. Umstritten sind neben den Fragen der Haftung und den Rechtsfolgen auch die Größe der Unternehmen, für die solche Sorgfaltspflichten gelten sollen.

Heil hatte dazu noch vor Weihnachten ein Spitzengespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, um die Streitpunkte beizulegen. Nach Angaben der Initiative Lieferkettengesetz soll das Treffen am heutigen Mittwoch stattfinden. Das Bundespresseamt war nicht unmittelbar für eine Stellungnahme zu erreichen. Noch am Montag hatte Regierungssprecher Steffen Seibert dazu keinen Termin nennen können, da die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen sei.

Der Initiator des Ökonomen-Appells, Hansjörg Herr von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, betonte, dass ein Lieferkettengesetz für Deutschland auch positive Effekte hätte, beispielsweise weil es die Transparenz und Reputation der Unternehmen erhöhe. Grundsätzlich könne man den Markt nicht frei laufen lassen, wenn es um Arbeit und Natur gehe. "Es handelt sich um Güter, die einer Regulierung bedürfen." Die Präsidentin der CBS International Business School, Elisabeth Fröhlich, ergänzte, ein Lieferkettengesetz dürfe daher nicht nur Sozialstandards und Kinderarbeit berücksichtigen, "sondern auch ökologische Aspekte". Dies fordert auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD).

Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, zu prüfen, inwiefern Unternehmen Transparenz in ihre Wertschöpfungsketten bringen und schwerste Menschenrechtsverstöße ausschließen. Gegebenenfalls würden sie "national gesetzlich tätig" werden und sich für eine EU-weite Regelung einsetzen. Bei einer Umfrage im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zeigte sich, dass nur 13 bis 17 Prozent der betrachteten Unternehmen klar genug gegen Ausbeutung und Kinderarbeit in ihren Lieferketten vorgehen. Der Industrieverband BDI und weitere Wirtschaftsverbände sehen ein Lieferkettengesetz jedoch kritisch. Sie fürchten durch zusätzliche Regelungen Nachteile im internationalen Wettbewerb.

DJG/pso/uxd

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