Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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"Nachrichten für Außenhandel (NfA)" – die einzige deutschsprachige Tageszeitung für die gesamte Außenwirtschaft bietet einen schnellen und strukturierten Überblick über die wichtigsten Entwicklungen auf den internationalen Wachstumsmärkten.

Die NfA liefert hochwertige und praxisrelevante Hintergrundinformationen, ausführliche Analysen und Bewertungen -  deutlich umfassender als in der Wirtschaftstagespresse. Im Fokus stehen die deutschen Exportbranchen mit Schwerpunkt auf Investitionsgütern

China: IWF kritisiert nur durch die Blume

Erscheinungsdatum Website: 13.01.2021 15:40:02
Erscheinungsdatum Publikation: 14.01.2021

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Es lohnt sich ein zweiter Blick auf die Prognose / Von Martin Klingsporn

WASHINGTON (NfA)--Auf den ersten Blick scheint alles im grünen Bereich für China, gemessen an der Prognose des IWF im Rahmen des neuen Artikel IV-Reports. Der Wachstumstrend pendelt sich in den nächsten Jahren bis 2025 auf etwa 5,5% ein, die Inflation bleibt überschaubar und mit etwa 2% im Rahmen. Das Gewicht des Konsums soll zudem der Vorgabe entsprechend leicht zulegen.

Der Vorwurf ?Währungsmanipulation? wird vom IWF nicht thematisiert, dürfte aber auf der Tagesordnung bleiben, denn die Währungsreserven sollen der Projektion zufolge von aktuell knapp 3,6 Bill Dollar auf fast 5,1 Bill wachsen, die Anschaffung von rund 1,5 Bill Dollar in Devisen kann immer als Intervention gegen den Yuan gesehen werden.

Der Knackpunkt liegt indes an anderer Stelle: Der IWF betonte bei der Vorstellung des Berichts die unausgewogene Mischung der Wachstumskräfte und wies auf einen nach wie vor schwachen Konsumtrend hin. Die Zuwächse des Konsums liegen zwar leicht über der Wachstumsrate, aber die absolute hinkt weit hinter dem Stand vor der Krise hinterher. Daraus ergibt sich für den IWF die (eher konjunkturelle) Diagnose einer Output-Lücke von 1,8%: Um so viel liegt das realisierte BIP wegen der relativ schwachen Konsumnachfrage unter den Möglichkeiten.

Die IWF-Empfehlungen konzentrieren sich auf zwei Punkte: Kurzfristig soll (1) die Unterstützung aus der Staatskasse (?fiskalische Stimulierung?) bestehen bleiben, aber (2) der Fokus von der Investitionsförderung auf die Kaufkraft der privaten Haushalte verschoben werden. Und hier hätte der IWF klarer formulieren müssen: Die entscheidende Hürde für die Neuorientierung hin zu einer stärker auf die Binnennachfrage ausgerichteten Wirtschaft stellen die privaten Haushalte mit ihrer enormen Sparquote mit durchschnittlich etwa 30% des verfügbaren Einkommens im Prognosezeitraum (in den Vorjahren über 35%). Diese hohe Ersparnis ist ein Misstrauensvotum gegen das politische System, welches keine angemessene soziale Absicherung bereitstellt und treibt zugleich die alte Export-Investitions-Strategie immer weiter an, auch gegen den politischen Willen zum Umsteuern. Zudem liefert die hohe Ersparnisbildung die Voraussetzung für die anhaltend hohen Überschüsse der Handels- und Leistungsbilanz und damit den Ausgangspunkt für weitere Handels-Konflikte. Das deutet der Bericht nur an, die IWF-Autoren bemühen sich in diesem Punkt eher um Diplomatie als um Klarheit.

Die Forderung nach einer weiteren Reform der Staatsunternehmen wird - wenig überraschend - deutlicher formuliert und dürfte auch eher Gehör finden, denn hier stecken noch erhebliche Wachstumspotenziale, denn die chinesische Industrie ist insgesamt in etwa so ineffizient wie die britische, beide liegen etwa 30% unter dem Niveau der führenden Industriestaaten. Konkret sieht der IWF hier zwei Problemfelder: Es fehlt neben einer funktionierenden Wettbewerbsordnung, welche die privaten Unternehmen nicht benachteiligt ("level playing field") vor allem an einer Fortsetzung der Reformen innerhalb der Staatsunternehmen als Voraussetzung dafür, die hier liegenden Wachstumspotenziale frei zu setzen.

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