Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Deutsche Produktion steigt im September kräftig

Erscheinungsdatum Website: 30.10.2020 16:30:03
Erscheinungsdatum Publikation: 02.11.2020

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die Produktion im produzierenden Sektor Deutschlands dürfte im September nach einem leichten Rückgang im August wieder kräftig gestiegen sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte prognostizieren einen Anstieg um 2,5%, nachdem es im August zu einem Minus von 0,2% gekommen war. Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht die Daten am Freitag (8.00 Uhr). Am Tag zuvor kommen Auftragseingänge und Industrieumsätze.

Außerdem stehen in der Woche der US-Arbeitsmarktbericht für Oktober und die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank an. Überschattet wird dies alles aber zunächst von den US-Wahlen, deren sehr finanzmarktrelevante Ergebnisse am frühen Mittwochmorgen vorliegen sollen. Die Auszählung könnte sich aber wegen der vielen Briefstimmen auch über mehrere Tage hinziehen.

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im dritten Quartal laut einer ersten Destatis-Schätzung um 8,2% gestiegen. Die Wirtschaft hat damit einen Großteil des im Frühjahr aufgrund der Corona-Krise erlittenen Absturzes wieder aufgeholt. Einen großen Unterschied werden die Produktionszahlen für den letzten Monat des dritten Quartals in dieser Hinsicht nicht mehr machen.

Analysten gehen fest davon aus, dass im September der Rückgang von August mehr als ausgeglichen wurde. Ursache dieses Rückgangs war nach Aussage der Bundesbank ein erheblicher Produktionsrückgang in der Automobilindustrie gewesen, der maßgeblich von Werksferien verursacht wurde. Nach Zahlen des Branchenverbands VDA ist die Autoproduktion im September wieder gestiegen.

Auch die Ergebnisse der Umfragen des Ifo-Instituts und von IHS Markit stimmen generell optimistisch für die Produktion, die im August immer noch um knapp 11% unter dem von der Corona-Pandemie unbeeinträchtigten Niveau von Februar lag. In gewisser Weise ist aber das schon wieder Schnee von gestern, seit in Deutschland und Frankreich mehr oder weniger harsche Lockdowns verhängt wurden.

Die interessante Frage ist, wie die deutsche Industrie mit diesen zunächst auf den Dienstleistungssektor gerichteten Maßnahmen und einer möglicherweise schwächeren Nachfrage aus dem Ausland zurechtkommen wird.

Der Auftragseingang der deutschen Industrie dürfte im September etwas weniger stark als die Produktion gestiegen sein, nachdem er in den Monaten seit Mai kräftig angezogen hatte. Im August lag der Auftragseingang nur noch um 3,6% unter dem von der Corona-Pandemie unbeeinträchtigten Februar-Niveau. Laut der Einkaufsmanagerumfrage nahmen die Auftragseingänge im September mit der höchsten Rate seit zweieinhalb Jahren zu. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte prognostizieren ein Orderplus von 1,5%.

Weitere wichtige Konjunkturdaten der Woche sind die chinesischen Caixin-Einkaufsmanagerindizes für das verabeitende und nicht-verarbeitende Gewerbe (Montag und Mittwoch, 2.45 Uhr), der ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes (Montag, 16.00 Uhr), die zweite Veröffentlichung der europäischen Einkaufsmanagerindizes (Mittwoch, ab 9.15 Uhr) und der US-Arbeitsmarktbericht für Oktober.

Am US-Arbeitsmarkt zeichnet sich eine langwierige Erholung ab. Prognostiker gehen davon aus, dass die Wirtschaft im vierten Quartal langsamer expandieren wird, da der vorübergehende Schwung durch die Wiedereröffnung der Wirtschaft und die staatlichen Konjunkturprogramme nachlassen und die Arbeitslosigkeit in diesem Winter hoch bleiben wird. Bis September haben die USA nur etwa die Hälfte der 22 Mio Arbeitsplätze, die im März und April wegen der Pandemie verloren gingen, zurückgewonnen.

Die von Factset erhobene Prognose unter Ökonomen stellt für Oktober einen Zuwachs von 650.000 Jobs in Aussicht. Im September hatte es ein Plus von 661.000 gegeben. Die Arbeitslosenquote soll von 7,9 auf 7,7% sinken. Zuletzt ist die Zahl der Zahl der Arbeitnehmer, die Erstanträge auf Arbeitslosenversicherung stellten, um 40.000 auf 751.000 und damit auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Pandemie gefallen, was darauf hindeutet, dass die Entlassungen trotz eines Anstiegs der Corona-Infektionen nachlassen.

Auch geldpolitisch hat die Woche einiges zu bieten. Am Donnerstag veröffentlicht zuerst die Bank of England (BoE) ihre Zinsentscheidung (13.00 Uhr) und dann der Offenmarktausschuss FOMC der US-Notenbank (20.00 Uhr). Komplettiert wird das von Entscheidungen der Reserve Bank of Australia (Dienstag, 4.30 Uhr) und der Norges Bank (Donnerstag, 10.00 Uhr).

Die BoE wird voraussichtlich ihre Wirtschaftsprognose für das zweite Halbjahr 2020 senken und in Reaktion darauf ihr bereits massives Kaufprogramm um weitere 100 Mrd Pfund aufstocken. Es wäre die dritte Erhöhung seit Beginn der Pandemie. Im März war es auf 645 und im Juni auf 745 Mrd erhöht worden. Die BoE hatte zunächst angenommen, dass das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal um 5% niedriger liegen würde als im Vorjahr. Inzwischen zeichnet sich jedoch eher ein Minus von etwa 9% ab.

Zu negativen Zinssätzen hatte Ratsmitglied Gertjan Vlieghe zuletzt gesagt, dass die BoE diese Möglichkeit diskutiere, aber noch nicht an einem Punkt angelangt sei, an dem sie eine Schlussfolgerung zu diesem Thema ziehen könne. Aktuell beträgt der Leitzins 0,10%.

Die US-Notenbank wird nach allgemeiner Erwartung bei ihrer Sitzung keine geldpolitischen Änderungen vornehmen. Traditionell hält sich die Fed im Umfeld von Wahlen zurück. Die Sitzung findet zwar kurz nach der US-Wahl statt, doch es könnte sein, dass das Ergebnis wegen der Auszählung der vielen Briefwahlstimmen erst einige Zeit später vorliegt.

Zuletzt hatte Fed-Vize Richard Clarida für weitere Hilfen für die US-Wirtschaft plädiert - und zwar sowohl von der Geld- als auch von der Fiskalpolitik. Die Aufgabe der Fed wird allerdings erschwert von der politischen Blockade im Kongress; Demokraten und Republikaner finden keine Gemeinsamkeit für ein neues Corona-Hilfspaket. Für die nächsten Jahre hat die Fed eine sehr lockere Zinspolitik signalisiert. Der Leitzins, derzeit bei 0,00 bis 0,25%, dürfte bis 2023 nahe Null bleiben.

Ein klares und schnelles Ergebnis wäre das beste Ergebnis, das die Präsidenten- und Kongresswahl in den USA bringen könnte. Denn nicht nur Finanzmärkte mögen keine Unsicherheit, auch das Wahlvolk sowie Politik und Wirtschaft global möchten wissen, auf was sie sich in den kommenden vier Jahren aus Washington einstellen müssen.

Doch die Chancen auf einen klaren Wahlausgang stehen schlecht, und das bedeutet im aktuellen Umfeld ungewöhnlich hohe Unsicherheit. Denn Amtsinhaber Donald Trump hat mehrfach deutlich gemacht, dass er einen Wahlsieg seines Herausforderers Joe Biden nicht anerkennen würde. Das gälte wohl umso mehr bei einem knappen Ergebnis, und genau das deutet sich in Umfragen an - bei aller Unsicherheit, die Wahlumfragen auszeichnen.

DJG/hab/apo

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