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Bundestag stimmt Ausstieg aus Kohleverstromung zu

Erscheinungsdatum Website: 03.07.2020 21:45:02
Erscheinungsdatum Publikation: 06.07.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Der Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038 ist vom Bundestag besiegelt. Das Parlament stimmte am Freitag dem Kohleausstiegsgesetz und den rund 40 Milliarden Euro an Hilfen zu, die die betroffenen Regionen für den Strukturwandel erhalten sollen.

"Heute beenden wir mit den vorliegenden Gesetzen die Kohleverstromung in Deutschland rechtsicher, wirtschaftlich vernünftig, sozial ausgewogen und verträglich. Das fossile Zeitalter in Deutschland geht mit dieser Entscheidung unwiderruflich zu Ende", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Bundestag.

Dem Vorhaben stimmten 314 der 554 abgegebenen Stimmen zu, 237 stimmten dagegen und 3 enthielten sich. AfD, FDP, Grüne und Linke hatten zuvor angekündigt, sich gegen die Gesetze auszusprechen. Die AfD lehnt den Kohleausstieg generell ab. Für Grüne und Linke kommt der Ausstieg zu spät. Auch kritisieren sie, dass die geplanten Entschädigungszahlungen an die Energiekonzerne zu hoch seien. Auch innerhalb der SPD hat es Überlegungen gegeben, die Angemessenheit der Entschädigungen an die Konzerne überprüfen zu lassen.

Nach der Zustimmung im Bundestag muss dem Vorhaben noch der Bundesrat zustimmen. Hier wird im Laufe des Tages mit grünem Licht gerechnet.

Entschädigung für Energiekonzerne

Für den Ausstieg aus der Braunkohle erhalten die Konzerne insgesamt 4,35 Milliarden. Laut dem Vertrag, den die Bundesregierung mit ihnen abgeschlossen hat, stehen der RWE AG 2,6 Milliarden Euro und der Leag 1,75 Milliarden Euro zu. Entscheiden sich die Unternehmen, aus wirtschaftlichen Gründen früher aus der Braunkohle auszusteigen, sollen die zugesagten Beträge in jedem Fall dennoch fließen. Zuvor muss allerdings die Europäische Kommission den Zahlungen noch beihilferechtlich zustimmen. Auch die rund 20.000 Beschäftigten, die ihren Job verlieren, sollen bedacht werden - mit einem zusätzlichen Anpassungsgeld.

Bei der Entschädigung für Steinkohle-Betreiber hatte sich die große Koalition nach langem Ringen noch zu Wochenbeginn geeinigt. Anders als ursprünglich vorgesehen ist nun 2027 keine Zwangsenteignung, sondern eine zusätzliche Ausschreibung vorgesehen. Auch steigen die Höchstpreise zwischen 2024 und 2026. Kraftwerksbetreiber erhalten zusätzliche Fördergelder, wenn sie von Kohle auf Gas umrüsten oder die Abwärme nutzen. Schließlich wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz auch das Ziel von 65 Prozent Ökostrom für 2030 verankert. Eine grundsätzlichere Reform der Stromsteuern und Abgaben strebt die große Koalition im Herbst im Zuge der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes an.

Die Energiewirtschaft zeigte sich zufrieden mit den Gesetzesänderungen insbesondere bei der Steinkohle, die nach langem Ringen noch in dieser Woche eingefügt wurden. Scharfe Kritik kam dagegen von Umweltschützern. Sie halten insbesondere die Milliarden-Entschädigungen bei der Braunkohle für überzogen, zumal knapp die Hälfte der Anlagen erst nach 2034 vom Netz gehen soll. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erklärte am Donnerstag, gegenüber den Zielen aus dem Klimaschutzgesetz würden bis 2040 nun zusätzlich 134 Millionen Tonnen CO2 produziert. Eine Einhaltung des auf dem Pariser Klimagipfel vereinbarten 1,5 Grad-Klimaziels sei damit unmöglich.

chem

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