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Bund ignoriert EU-Verordnung zu Entschädigungen im Strommarkt

Erscheinungsdatum Website: 03.01.2020 18:50:03
Erscheinungsdatum Publikation: 06.01.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung sieht nach einem Medienbericht bislang keinen Anlass, eine seit Jahresbeginn geltende EU-Verordnung zu Ausgleichszahlungen bei Stromengpässen umzusetzen. Demnach müssten Netzbetreiber bei Abregelungen von Ökostromanlagen zu 100 Prozent entschädigt werden, wie der Tagesspiegel in seinem Ressort Background Energie & Klima berichtet. Das deutsche Recht sehe aber nur eine Entschädigung von 95 Prozent vor.

Zum 1. Januar trat die verbindliche Neufassung der EU-Verordnung über den Elektrizitätsbinnenmarkt in Kraft, die in den Mitgliedstaaten unmittelbar anzuwenden ist und nicht erst in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Sie betrifft das sogenannte Redispatch, also das Management von Stromengpässen.

Das deutsche Energierecht widerspriche der neuen Verordnung zum Teil deutlich, so der Tagesspiegel. Das Wirtschaftsministerium sehe jedoch keinen Anpassungsbedarf. "Für den Bereich Redispatch sind keine gesetzlichen Änderungen erforderlich", zitiert die Zeitung eine Sprecherin. Das Ministerium war auf Anfragen von Dow Jones Newswires nicht erreichbar.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat dem Tagesspiegel zufolge im Vorfeld an die Bundesregierung appelliert, die bestehenden Rechtsunsicherheiten auszuräumen und die Beschränkung auf 95 Prozent zu streichen. Der Branchenverband gehe davon aus, dass der deutsche Gesetzgeber eine Anpassung werde vornehmen müssen, die gegebenenfalls rückwirkend ab dem 1. Januar gelte.

Zu klären sei außerdem, ob die Bundesnetzagentur die Kosten durch die höheren Entschädigungen als dauerhaft nicht beeinflussbar anerkenne, auch wenn die nationalen Gesetze nicht korrigiert würden. In dem Fall dürften die Netzbetreiber die Mehrkosten auf die Netzentgelte umlegen und so den Verbrauchern in Rechnung stellen.

Eine weitere Neuerung der EU-Verordnung verlangt laut dem Bericht eine "marktbasierte Beschaffung" von Redispatch, also durch Ausschreibungen. Doch auch hier sperre sich die Bundesregierung, heißt es im Tagesspiegel.

Deutschland droht auch noch eine weitere Frist zu versäumen, die in der EU-Verordnung gesetzt wird. "Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission bis zum 5. Januar 2020 ausführlich Bericht über die Maßnahmen und Aktionen, die sie ergriffen haben oder zu ergreifen beabsichtigen", heißt es darin.

DJG/pso/apo/06.01.2020

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