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Union spricht von "Etikettenschwindel" bei Finanztransaktionsteuer

Erscheinungsdatum Website: 11.12.2019 18:10:03
Erscheinungsdatum Publikation: 12.12.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Die Unions-Bundestagsfraktion hat mit Blick auf den Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zur Finanztransaktionsteuer vor einem "Etikettenschwindel" gewarnt. "Der deutsche Finanzminister hat seinen europäischen Kollegen der Verstärkten Zusammenarbeit einen Richtlinienentwurf vorgeschlagen, der den Namen Finanztransaktionssteuer (FTT) nicht verdient", erklärten die Unions-Finanzexpertin Antje Tillmann und der zuständige Berichterstatter Thomas de Maiziere, nachdem Scholz die Pläne im Finanzausschuss vorgestellt hatte.

Er reduziere das Ziel einer europäischen FTT auf eine Besteuerung des Kaufs von Aktien börsennotierter Unternehmen mit einem Marktwert über 1 Milliarde Euro. "Damit wird der ursprüngliche Zweck dieser Steuer verfehlt", warnten beide. Die Union habe sich immer offen für die Einführung der FTT zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte gezeigt. "Damit hat der Vorschlag aber wenig gemein, weil nur die Anlage in Aktien deutscher Unternehmen teurer würde", betonten sie. Gerade diese seien vor allem für Kleinanleger und die Altersvorsorge wichtig. Ein für die Union zustimmungsfähiger Entwurf dürfe "Altersvorsorge nicht zusätzlich belasten".

Kritik kam auch vom Präsidenten des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest. "Diese Steuer ist ein Beispiel für eine Politik, die vorgibt, Probleme zu lösen, sie aber tatsächlich eher verschärft", sagte er. Die neue Steuer erfasse wichtige Spekulationsinstrumente nicht, beispielsweise Derivate. Außerdem verringere sie die Umsätze am Markt, sodass es für einzelne Spekulanten leichter werde, die Preise zu beeinflussen. "Deshalb kann eine Finanztransaktionssteuer unerwünschte, spekulativ bedingte Preisausschläge sogar verstärken", warnte der Ökonom.

Hingegen hat SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider erklärt, die geplante Steuer sei nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer umfassenderen Regelung. "Wenn man es erst einmal hat, hat man die Chance, es zu erweitern." Die SPD-Fraktion sei "einhellig" für die Pläne. Nach den Vorstellungen des Finanzministers sollen die Käufer von Aktien großer Unternehmen eine Steuer von 0,2 Prozent des Geschäftswertes zahlen.

Besteuert werden sollen der Aktienerwerb von gelisteten Unternehmen, die ihren Hauptsitz im Inland haben, sowie im Inland und im Ausland ausgegebene Hinterlegungsscheine, die mit Aktien dieser Unternehmen unterlegt sind. Dabei sollen nur Aktien von solchen Unternehmen einbezogen werden, deren Marktkapitalisierung über 1 Milliarde Euro liegt. Insgesamt wollen zehn EU-Staaten das Projekt im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit vereinbaren - neben Deutschland noch Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Spanien. Die Verhandlungen laufen seit 2011.

DJG/ank/apo

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