Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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Welt: Zweifel an Wirkung der Opec-Vereinbarung

Erscheinungsdatum Website: 11.12.2019 15:25:03
Erscheinungsdatum Publikation: 12.12.2019

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Im Vordergrund stehen eher Abwägungen der Ölproduzenten in den USA / Von Spencer Jakab

WIEN (Dow Jones)--Über die Richtung der Ölpreise in den nächsten beiden Jahren werden wohl eher Kalkulationen in Midland (Texas), als Beratungen bei Sachertorte in Wien entscheiden. Das Treffen der Organisation der Erdöl exportierenden Länder und ihrer kartellfreien Verbündeten (Opec+) in der vergangenen Woche hat die Rohölpreise zwar kurzfristig angeschoben, was auch dem Börsengang von Saudi Aramco Schwung verlieh. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Analysten Schwachstellen in der Vereinbarung fanden.

Droht also ein anhaltender Rückgang des Ölpreises, weil das Abkommen zur Förderkürzung nicht glaubwürdig ist? Wahrscheinlich nicht, denn zum Glück für die großen Ölexporteure funktioniert in den USA noch das freie Spiel der Marktkräfte, und die könnten für eine Stabilisierung der Ölpreise sorgen.

Auf den ersten Blick erscheint die Entscheidung der Opec und ihrer Verbündeten, im ersten Quartal 2020 nochmals eine halbe Million Barrel Öl pro Tag und damit insgesamt 1,7 Mio Barrel vom Markt zu nehmen, beachtlich. In der Praxis wird sich zeigen, ob dieser Schritt wirklich etwas am Status Quo ändern wird.

Die beschlossenen Kürzungen orientieren sich an den Förderniveaus, die bereits der Unterzeichnung der vorherigen Vereinbarung zugrunde lagen. Tatsächlich war die Produktion im Oktober, resultierend aus einer Kombination von freiwilligen und erzwungenen Gründen, fast so stark rückläufig wie nun durch die weitere Kürzung in Aussicht gestellt. Dabei war der Angriff auf wichtige saudische Ölanlagen, der die Produktion vorübergehend beeinträchtigte, ein entscheidender Faktor.

Saudi-Arabien wird an den angekündigten Kürzungen einen überproportional hohen Anteil zu schultern haben und täglich weitere 170.000 Barrel einsparen müssen. Der Irak, der zweitgrößte Produzent des Kartells, hat nur eine Senkung um 50.000 Barrel zugesagt. Das Land gilt ohnehin als Trittbrettfahrer des gegenwärtigen Abkommens und ist zudem mit inneren Unruhen beschäftigt. Für viele ist es deshalb fraglich, ob der Irak zu seinem Wort stehen wird.

Nigeria hatte sich schon früher über den aktuellen Pakt hinweggesetzt. Der Iran und Venezuela haben ihre Produktion bereits unfreiwillig um insgesamt fast 3 Mio Barrel gegenüber 2017 drosseln müssen und sind außerdem nicht an Quoten gebunden. Russland, nicht gerade als der zuverlässigste Partner bekannt, versprach Kürzungen um 70.000 Barrel, will dabei aber rohölähnliche Kondensate ausklammern.

Ausgeglichen wurden solche tatsächlichen und theoretisch möglichen Produktionsrückgänge durch eine höhere US-Schieferölproduktion. Zwei Faktoren - ein Rückgang der Rohölpreise und der Druck von Kreditgebern und Aktionären - könnten eine Ausweitung der US-Förderung jedoch ausbremsen, falls sich die Produktionsausweitung zu den herrschenden Preisen nicht lohnen sollte.

Nach Prognosen der US-Energieinformationsbehörde (EIA) vom November soll die durchschnittliche tägliche US-Rohölproduktion 2020 um 1 Mio Barrel steigen. TS Lombard hingegen erwartet einen Anstieg um 300.000 Barrel bis Ende 2020.

Doch auch dies wäre angesichts des vorangegangenen, starken Rückgangs der Bohraktivitäten nur zu deutlich höheren Preisen machbar. Die Zahl der Förderstellen von Baker Hughes zum Beispiel liegt heute auf dem niedrigsten Stand seit Frühjahr 2017. Analysten sagen deshalb, dass die Zahl der Förderstellen in den USA um 30% steigen müsste, um den Markt bis 2021 auszugleichen. Dafür sei jedoch ein Brent-Ölpreis von 80 US-Dollar nötig. Aktuell pendelt er um die 64 US-Dollar pro Fass.

Dieses Szenario würde die Ölminister in Riad und Moskau natürlich freuen. Zu verdanken hätten sie es allerdings eher den wirtschaftlichen Erwägungen der US-Schieferölproduzenten als deinen eigenen Beschlüssen der vergangenen Woche.

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