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Bundesrat ruft Vermittlungsausschuss zu Klimasteuergesetz an

Erscheinungsdatum Website: 29.11.2019 19:30:02
Erscheinungsdatum Publikation: 02.12.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesrat hat wie erwartet Teilen des Klimaschutz-Pakets der Bundesregierung nicht zugestimmt. Ein Teil des Gesetzespakets wird nun in den Vermittlungsausschuss geschickt. Konkret rief die Länderkammer den Ausschuss zu den Steuermaßnahmen des Klimapakets an, die in einem eigenen Gesetz geregelt sind. Das könnte den Zeitplan der Bundesregierung für die geplanten Klimaschutzmaßnahmen ins Wanken bringen. Die steuerlichen Aspekte des Pakets, wie zum Beispiel die geplante Mehrwertsteuersenkung für Bahntickets, sollten bereits 2020 in Kraft treten.

Zu den von der Länderkammer blockierten Maßnahmen gehört unter anderem auch die Anhebung der Pendlerpauschale ab 2021 um 5 Cent auf 35 Cent pro Kilometer, und der Plan einer Mobilitätsprämie für Geringverdiener von 14 Prozent der erhöhten Pendlerpauschale. Beide Begünstigungen sollen nach dem Beschluss des Bundestags bis zum 31. Dezember 2026 gelten. Eine weitere Regelung betrifft energetische Gebäudesanierungsmaßnahmen, für die bis Ende 2020 ein 20-prozentiger Abzug von der Steuerschuld geltend gemacht werden soll.

Der Bundesrat billigte aber das vom Bundestag beschlossene Brennstoffemissionshandelsgesetz, das Unternehmen verpflichtet, die mit Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Benzin, Kohle und Diesel handeln, für den Treibhausgas-Ausstoß ihrer Produkte ab 2021 ein Zertifikat zu erwerben und dafür den CO2-Preis zu zahlen. In dem Gesetzespaket mit Klimaschutzmaßnahmen wird insgesamt gesetzlich geregelt, wie viel Kohlendioxid jährlich in den verschiedenen Sektoren ausgestoßen werden darf. Der nationale Emissionshandel wird mit einem festen CO2-Preis von anfangs 10 Euro je Tonne eingeführt.

Deutschland will bis 2050 klimaneutral sein

Die Maßnahmen sollen dabei helfen, dass Deutschland wie geplant seine Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 verringern kann. Bis 2050 will Deutschland sich gesetzlich verpflichten, klimaneutral zu sein. In der Länderkammer wurde besonders der CO2-Preis und die Kostenverteilung moniert.

Den Grünen, die in zehn Landesregierungen vertreten sind, gehen die Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung nicht weit genug. Nordrhein-Westfalen kritisiert, dass das Gesetz zum Zertifikatehandel den energieintensiven Mittelstand zu sehr belaste und eine Abwanderung aus Deutschland zur Folge haben könnte. Schleswig-Holstein hat wiederum gefordert, den Einstiegspreis bei der CO2-Bepreisung von den geplanten 10 Euro pro CO2-Tonne auf 40 Euro zu verteuern. Zwar ist das Gesetz zum Brennstoffemissionshandel im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig, aber die Ablehnung im Bundesrat könnte aufschiebende Wirkung haben.

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt sind die Kosten. Faktisch erhalte der Bund mehr Geld, während auf Länder und Gemeinden sich auf Einnahmeausfälle einstellen müssten, hieß es in der Kritik aus der Länderkammer. Bayern fordert hier einen fairen Ausgleich. Mehr Geld fordern die Länder besonders beim Ausbau von Bussen und Bahnen.

Nach den Plänen der Koalition soll für Bahnfahrten ab Januar der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent statt der bisherigen 19 Prozent gelten. Ab April soll die Luftverkehrssteuer für Flüge erhöht werden. Auch soll im Gegenzug zu den geplanten höheren Benzinpreisen die Pendlerpauschale angehoben werden. Parallel soll für pendelnde Geringverdiener, die keine Steuern zahlen, die Mobilitätsprämie eingeführt werden. Davon könnten laut Finanzministerium etwa 200.000 bis 250.000 Geringverdiener profitieren.

Länderchefs wollen schnelle Einigung

Im Vermittlungsausschuss, einem Schlichtergremium von Bundestag und Bundesrat, soll nun ein Kompromiss gefunden werden. Mehrere Ministerpräsidenten zeigten sich im Bundesrat zuversichtlich für eine schnelle Einigung. Noch seien "Finanzfragen zu klären", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er warnte aber vor einer Blockade des Klimaschutzpakets. Die Finanzfragen könne man "vielleicht noch vor Weihnachten" klären. Alle hätten "ein Interesse daran, noch dieses Jahr Beschlüsse zu fassen", sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).

Der baden-württembergische Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verlangten erneut Nachbesserungen zum Schutz mittelständischer Betriebe. Sonst würden Unternehmen der Textil- und der Papierindustrie oder Gießereien aus Deutschland abwandern. "Hier muss eine Korrektur erfolgen."

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter rief die Regierung in einer Mitteilung dazu auf, jetzt "schnelle und konstruktive Verhandlungen über das Klimasteuergesetz" zu führen. Das Klimapaket reiche nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. "Beim Klimasteuergesetz sind SPD und Union auf Unterstützung der grün-mitregierten Länder angewiesen, so dass wir an dieser Stelle unseren Einfluss nutzen können", betonte er. Die Grünen wollten im Vermittlungsausschuss "wenigstens diesen Teil des Klimapakets ökologischer und sozial gerechter" gestalten.

DJG/aat/ank/apo/02.12.2019

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