Märkte der Welt

Der Newsletter "Märkte der Welt" enthält - nach Regionen gegliedert - wöchentliche Zusammenfassungen und Hintergrundanalysen der wichtigsten Nachrichten zur Außenwirtschaft sowie Informationen zu Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Zudem sind weiterführende Kontaktadressen mit Ansprechpartnern angegeben. Die Berichterstattung wird durch das weltweite Netz der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) unterstützt und ist mit Grafiken und Charts angereichert.

China: Das Wachstum - und die wirklich wichtigen Zahlen

Erscheinungsdatum Website: 16.07.2019 16:05:45
Erscheinungsdatum Publikation: 18.07.2019

zurück zur Übersicht

Infrastrukturinvestitionen legen um 4% zu / Von Nathaniel Taplin

BEIJING (Dow Jones)--Die chinesischen Wachstumszahlen für das zweite Quartal haben - natürlich - niemanden überrascht. Fast alle Volkswirte hatten es erwartet, dass sich die Expansion der Wirtschaft auf 6,2 von 6,4% im Vorquartal abgekühlt hat. Wichtiger sind deshalb ganz andere Zahlen.

Es gibt kaum einen leichteren Job, als die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in China vorherzusehen. Das Land erreicht nämlich immer ziemlich genau die Vorgaben aus Beijing. Analysten wissen nur nicht genau: Sind die Zahlen etwas geglättet oder massiv gefälscht?

Andere wichtige Konjunkturdaten aus dem Juni haben sich allerdings verbessert. Die Einzelhandelsumsätze sind mit 9,8% so stark gestiegen wie seit Anfang 2018 nicht. Und das Wachstum der Industrie verbesserte sich auf 6,3% von 5% im Mai. Ist das Schlimmste also vorbei?

Es sieht so aus, als würden die Staatsausgaben und die Geldpolitik in China langsam ihre Wirkung entfalten. Das Kreditwachstum war so hoch wie seit einem Jahr nicht, die Schattenbanken schrumpften langsamer. Regionalregierungen nutzen in großem Umfang spezielle Anleihen zur Finanzierung von Projekten. Die Infrastrukturinvestitionen legten dadurch um 4% zu, wie Oxford Economics ermittelt hat, nachdem das Wachstum zuvor drei Monate lang immer geringer geworden war.

Das alles könnte dabei helfen, die negativen Folgen der sich abkühlenden Immobilienmärkte zu lindern und die Produzentenpreise vor dem Absturz zu bewahren. Das ist wichtig für die hochverschuldeten Unternehmen und Banken.

Allerdings sind die Nachrichten zu den Verbrauchern weniger gut als sie aussehen. Der steigende Einzelhandelsumsatz ist zwar gut, kann aber zum Teil auf den Anstieg der Autoverkäufe zurückgeführt werden. Autohersteller gewährten hohe Rabatte, um ihre Lagerbestände vor dem Inkrafttreten strengerer Abgasvorschriften herunterzufahren.

Zudem hat die Teuerung die Einzelhandelsumsätze nach oben getrieben. Inflationsbereinigt legten diese im ersten Halbjahr nur um 6,7% zu. So schwach waren die Einzelhandelsumsätze zuletzt 2011. Pro Kopf konsumierten die Chinesen sogar nur 5,2% mehr im ersten Halbjahr, im ersten Quartal lag das Plus noch bei 5,4%.

All das passt zum Bild, das von der Schwäche des Exports und des Arbeitsmarkts geprägt wird. Da ist die Stabilisierung der Infrastrukturinvestitionen hilfreich und könnte die Nachfrage nach Industriegütern stabilisieren sowie die finanziellen Risiken der Produzenten mildern. Doch die Erholung der Industrie steht noch aus, das nominale Wachstum dort lag im zweiten Quartal unverändert bei 6,8%. Auch blieben die Finanzierungskosten hier hoch.

Um die Gläubiger der chinesischen Industrie über Wasser zu halten und auch die Verbraucher sowie die Arbeitssuchenden, braucht die Wirtschaft mehr Unterstützung. Investoren sollten sich deshalb darauf einstellen, dass die Staatsführung in den kommenden Monaten weitere Maßnahmen einleitet.

zurück zur Übersicht