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Bauindustrie erhöht Prognose und warnt vor Mietenstopp

Erscheinungsdatum Website: 17.06.2019 17:20:02
Erscheinungsdatum Publikation: 18.06.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Bauindustrie wird sich angesichts voller Auftragsbücher in diesem Jahr besser entwickeln als zuvor erwartet, erklärte der Hauptverband der Bauindustrie (HDB) am Montag. Allerdings warnten Bauindustrie und Wohnungswirtschaft vor politischen Debatten über mögliche Wohnungsenteignungen und Mietenstopps, um den Wohnraum bezahlbar zu halten. Denn dies würde das Investitionsklima in Deutschland verschlechtern.

Die Bauindustrie erhöhte ihre Wachstumsprognose für das nominale Umsatzplus im Bauhauptgewerbe von 6,0 Prozent auf 8,5 Prozent. Real soll das Plus bei 3 Prozent liegen.

"Grundsätzlich geht es der Branche gut", sagte HDB-Präsident Peter Hübner. "Am Bau stehen also weiterhin alle Ampeln auf Grün. Wir werden auch im laufenden Jahr die Gesamtkonjunktur stützen."

Auch im nächsten Jahr wird die Branche Steigerungen zu verzeichnen haben. Der HDB erwartet für 2020 ein nominales Umsatzplus von 5 bis 6 Prozent. Im vergangenen Jahr waren die Umsätze der Branche um nominal 11,3 Prozent auf 127 Milliarden Euro gestiegen. Real lag das Wachstum bei 5,4 Prozent.

Diskussion um Mietenstopp schreckt Investoren ab

Allerdings warnte Hübner vor einer Debatte, im Kampf um bezahlbaren Wohnraum Enteignungen oder einen Mietendeckel einzuführen. "Wenn Sie über Mietdeckelungen sprechen und über Enteignungen von Wohnungsbaugesellschaften, schreckt das einfach Investoren ab", warnte Hübner. "Wenn die Investoren ausbleiben, dann werden wir das (von der Politik) gesteckte Ziel von über 300.000 Wohnungen pro Jahr nicht realisieren."

Daher erwarte er von der Regierungskoalition eine klare Positionierung gegen Enteignungen von Wohnungsbaugesellschaften und gegen einen Mietenstopp für 5 Jahre, wie dies gerade von der Berliner Landesregierung und einigen Parteien diskutiert werde.

Der Berliner Senat will am Dienstag einen fünfjährigen Mietenstopp für nicht preisgebundene Wohnungen beschließen. Die Pläne würden laut rot-rot-grünem Senat 1,6 Millionen von den insgesamt 2 Millionen Berliner Mietwohnungen betreffen. Auch soll bei Neuvermietungen der Mietpreis nicht über dem vorherigen Betrag liegen dürfen. Auch auf Bundesebene gibt es in der SPD Überlegungen, in gefragten Gegenden einen deutschlandweiten Mietpreisdeckel einzuführen.

Als Reaktion auf die steigenden Preise läuft zurzeit in Berlin außerdem ein Volksbegehren, das die Enteignung von privaten Immobilienunternehmen wie Deutsche Wohnen und andere fordert. Unternehmen, die im Besitz von mindestens 3.000 Wohnungen sind, sollen im Gegenzug entschädigt werden.

Bedingungen für bezahlbaren Wohnungsbau zu schlecht

Angesichts der hohen Wohnkosten schlug am Montag auch der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) Alarm und rief zu einer Wohnwende auf. Denn bei den Neubauinvestitionen hätte sich trotz des hohen Bedarfs der Anstieg im Jahr 2019 nach den Planzahlen der Wohnungsunternehmen halbiert und betrage nur noch 10,7 Prozent. Im Vorjahr hatten die Unternehmen noch mit einem Plus von 27 Prozent geplant.

"Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsneubau sind schlecht: Zu teure Grundstücke, hohe Baupreise, Probleme mit den Baukapazitäten und eine fehlende Akzeptanz bei den Bürgern sorgen dafür, dass die Wohnungsunternehmen trotz aller Bemühungen in diesem Jahr deutlich zurückhaltender sein werden als im Vorjahr", so der GdW-Chef Axel Gedaschko. "Das hat zur Folge, dass immer weniger bezahlbare Wohnungen auch wirklich fertig gestellt werden und auf den Markt kommen."

Auch warnte er die Politik vor unwirksamen Schnellschüssen. "Es hilft nichts, den Menschen Sand in die Augen zu streuen und sie in dem Glauben zu lassen, die ideologischen Diskussionen um neue Zwangseigentümerstrukturen würden wirklich etwas ändern", so Gedaschko. "Genauso wenig kann ein Mietendeckel zugleich klimapolitischen Zielen, den Mietern und der Investitionsbereitschaft sozial verantwortlicher Vermieter gerecht werden. Das alles ist schlecht gemachtes Stückwerk."

Stattdessen bedürfe es eines gesellschaftlichen Konsens darüber, was Wohnen den Bürgern und dem Staat wert sei. Die Politik müsse sich der Tatsache stellen, dass bis 2030 Investitionen und Refinanzierungen in Höhe von 775 Milliarden Euro notwendig seien, um das Wohnen in den Bereichen wie beispielsweise Sanierung, Quartiersentwicklung und Klimaschutz weiterzuentwickeln.

DJG/aat/mgo

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