Mittel- und Osteuropa Aktuell

 

Der Newsletter enthält auf die Region bezogene Meldungen zu Unternehmen, Wirtschaft und Politik, Branchen und Märkten, Konjunktur und gibt wertvolle Tipps zu Finanzierungen, Investitionen und Privatisierung. Ausschreibungen und Veranstaltungshinweise runden das Angebot von "Dow Jones Mittel- und Osteuropa" ab.

EU-Kommission erhöht Druck auf Rumänien

Erscheinungsdatum Website: 04.04.2019 13:30:02
Erscheinungsdatum Publikation: 05.04.2019

zurück zur Übersicht

BRÜSSEL (APA)--Im Streit über die Wahrung einer unabhängigen Justiz in Rumänien baut die EU-Kommission weiteren Druck auf. Kommissionsvize Frans Timmermans sprach eine scharfe und womöglich letzte Warnung aus.

Ein Vertragsverletzungs- oder sogar Strafverfahren nach Artikel 7 steht nun womöglich bevor. Wenn "de facto" in Rumänien eine Straffreiheit für hochrangige Politiker geschaffen werde, die wegen Korruption verurteilt wurden, werde die Kommission "hart", "sofort" und mit "allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln" reagieren, sagte Timmermans.

Rumäniens Ministerpräsidentin Viorica Dancila bezeichnete Timmermans' Warnung als unverständlich und als "nicht angepasst an die existierenden Realitäten". Seine Äußerung komme "überraschend", zumal Bukarest zu diesem Thema gegenüber der EU eine "totale Offenheit" an den Tag gelegt habe, sagte die Regierungschefin.

Eingriffe in die Justiz des Landes hatten der sozialdemokratischen Regierung in Bukarest zuletzt heftige Kritik eingebracht. Regierungschefin Viorica Dancila begründete die Gesetze und Notverordnungen damit, "Amtsmissbrauch" von Richtern vorzubeugen, denen sie vorwirft, einen "Parallelstaat" aufbauen zu wollen. Die Opposition beklagt, dass es der Regierung vor allem darum gehe, die Strafregister einer ganzen Reihe von Amtsträgern zu bereinigen.

Auch der "starke Mann" Rumäniens und Chef der regierenden Sozialdemokraten, Liviu Dragnea, der bereits mehrfach verurteilt wurde, könnte von der Reform profitieren. Obwohl seine Partei 2016 die Parlamentswahl gewonnen hatte, konnte er wegen seines Strafregisters nicht Regierungschef werden.

Rumänien hat seit Januar die halbjährlich wechselnde Präsidentschaft im EU-Rat der Mitgliedstaaten inne. Unter anderen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte noch Ende Dezember die Eignung Rumäniens für die Ratspräsidentschaft öffentlichbezweifelt.

Rumäniens oberstes Gericht hat unterdessen die Reise- und sonstigen Freiheitsbeschränkungen für Laura Kövesi aufgehoben. Kövesi, Favoritin des EU-Parlaments für den Chefposten der geplanten EU-Staatsanwaltschaft, war am vergangenen Freitag in Rumänien von einer Spezialeinheit der Staatsanwaltschaft unter Polizeiaufsicht gestellt worden.

Diese neue, regierungstreue Spezialeinheit ermittelt seit Wochen wegen Korruptionsvorwürfen gegen Kövesi - aufgrund von Aussagen eines nach Serbien geflohenen regierungsnahen Ex-Parlamentariers, der selbst im Visier der Justiz steht. Kövesi musste sich regelmäßig bei der Polizei melden. Zudem durfte sie das Land nicht ohne Genehmigung des Staatsanwalts verlassen. Dagegen hatte Kövesi vor dem obersten Gericht geklagt.

Kövesi war von 2013 bis Juli 2018 Chefin der Antikorruptionseinheit der rumänischen Staatsanwaltschaft. Sie wurde auf Betreiben der sozialliberalen Regierung vorzeitig entlassen. Derzeit verhandeln EU-Parlament und der Europäische Rat über die Besetzung des Chefpostens für die EU-Staatsanwaltschaft, die ab 2020 arbeiten soll. Das EU-Parlament favorisiert Kövesi, während der EU-Rat den französischen Juristen Francois Bohnert unterstützt.

ost/5.4.2019

zurück zur Übersicht