Euro Intern

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VÖB: Die Zinsen werden noch lange niedrig bleiben

Erscheinungsdatum Website: 29.03.2019 18:10:33
Erscheinungsdatum Publikation: 01.04.2019

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FRANKFURT (Dow Jones)--Im zentralen Punkt sind die Volkswirte des Bundesverbands öffentlicher Banken (VÖB) einig: Die Zinsen bleiben noch lange niedrig. Die aktuell negative Rendite bei den zehnjährigen Bundesanleihen werten sie allerdings als eine Übertreibung. Als einen Grund nennt Christoph Kutt, Leiter Zinsstrategie und Staatsanleihen bei der DZ Bank, die von der Brexit-Unsicherheit ausgelöste Flucht in sichere Häfen. Dieser Grund sei gut für eine Verschiebung der Rendite um 40 Basispunkte nach unten. Sollte dieser Stress aus dem Markt gehen, sollten im Umkehrschluss die deutschen Benchmark-Anleihen wieder eine positive Rendite abwerfen.

Auf die alten Zinsniveaus werde es allerdings nicht mehr gehen. So koste die Politik der Europäischen Zentralbank mit dem Anleihenkaufprogramm rund 100 Basispunkte. Die Bund-Knappheit, auch dem Anleihekaufprogramm geschuldet, sei für weitere 30 Basispunkte verantwortlich. Die verzerrte Rendite, für die die EZB-Politik wohl auch ein Auslöser sei, stehe für einen weiteren Abschlag von 60 Basispunkten.

TLTRO vor allem für italienische Banken lebensnotwendig

Die Zinsen werden nicht nur niedrig bleiben, zudem wird es eine weitere Runde von EZB-Geld in Form von längerfristigen Refinanzierungsgeschäften über TLTRs geben. Vor allem für die italienischen Banken sei diese Finanzierung notwendig, heißt es. Zum einen stehen die TLTRO-Gelder in den Bilanzen der italienischen Banken für 245 Milliarden Euro, verglichen mit von ihnen begebenen Schuldverschreibungen von 300 Milliarden Euro. Die italienischen Banken hätten insgesamt 33 Prozent aller TLTRO-Milliarden abgenommen, heißt es. Eine Refinanzierung am freien Markt wäre nach Aussage von Alexander Aldinger von der BayernLB heute nur zu deutlich höheren Sätzen möglich. Dies würde sich direkt in den Erträgen der Banken niederschlagen und erneuten Stress im Finanzsektor der Euro-Peripherie auslösen.

Wo bleibt die Inflation?

Die anhaltend fehlende Inflation geht Hand in Hand mit sinkenden Realrenditen. Ob und wann sie kommt, ist ungewiss. In Japan wird seit Jahrzehnten auf sie gewartet, auch wenn sie wie 2014 kurzfristig nach oben schoss. Auch die Europäische Zentralbank lag mit den Inflationsprognosen jüngst immer wieder zu hoch, um sie in der Folge nach unten zu korrigieren.

Die Japanisierung der Geldpolitik schreitet für Michael Klawitter, Anleihestratege bei der DekaBank, voran. Dies bedeute, dass auch die EZB in Zukunft eine anhaltend expansive Geldpolitik fahren werde. Die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen haben bereits japanische Niveaus erreicht. Im Gegensatz zu der Bank of Japan interveniert die EZB bisher nur am Anleihemarkt, während die Bank of Japan bereits in andere Vermögensklassen, wie den Aktienmarkt, die Käufe ausgeweitet hat.

DJG/thl/flf/01.04.2019

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