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Scholz: Finanzindustrie muss Brexit-Vorbereitungen weiter vorantreiben

Erscheinungsdatum Website: 07.02.2019 22:47:09
Erscheinungsdatum Publikation: 11.02.2019

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BERLIN (Dow Jones)-Bei der Jahreseröffnung 2019 der Deutschen Börse hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Finanzindustrie aufgefordert, die Vorbereitungen für den Brexit - auch einen harten - weiter voranzutreiben. Die Aufsichtsbehörden, Regierungen und die Europäische Kommission arbeiteten an Regelungen auf nationaler und europäischer Ebene, um die mit dem Brexit verbundenen Risiken zu minimieren.

"Das geschieht in engem Kontakt mit den Finanzmarkt-Akteuren, und das ist gut so. Wir wollen sicherstellen, dass sich auch im Falle eines harten Brexit keine Gefahr für die Stabilität einzelner Institute und für das Finanzsystem insgesamt ergibt", unterstrich Scholz.

Ein wichtiger Punkt dabei sei das Euro-Clearing. Es sei gut, dass die EU-Kommission für den Fall eines harten Brexit vorgesorgt habe durch die Entscheidung, dass übergangsweise für ein Jahr die britische Aufsicht und Regulierung der Central Counterparties (CCP), oder zentrale Gegenparteien, als gleichwertig anerkannt werde.

Auf europäischer Ebene stehe man kurz vor einer Einigung zur Anpassung der Regulierung von CCPs mit Sitz außerhalb der EU. Um besonders systemrelevante CCPs aus Drittstaaten besser kontrollieren zu können, spricht sich Scholz dafür aus, dass die European Securities and Markets Authority (ESMA) und die EZB umfangreiche Aufsichtsbefugnisse erhalten sollen.

Das schließe die Möglichkeit ein, eine Verlagerung des Clearings von Euro-Derivaten in die EU zu verlangen, wenn dies zur Sicherung der Finanzstabilität notwendig sei. Mit Blick auf CCPs mit Sitz in der EU könne eine Übertragung der Aufsicht auf die EU-Ebene, wie sie die Europäische Kommission vorgeschlagen habe, erst erfolgen, wenn es ein tragfähiges Konzept für die EU-Haftungslösung gebe. Bis das der Fall sei, müssten die nationalen Aufsichtsbehörden zuständig bleiben.

Ergänzend habe man auf nationaler Ebene mit dem Brexit-Steuerbegleitgesetz Notfallbefugnisse für die Bafin im Fall eines harten Brexit auf den Weg gebracht. Der Bundestag werde dem voraussichtlich Ende des Monats zustimmen.

Im Bereich des Clearings lasse sich beobachten, dass die Marktteilnehmer damit begonnen haben, Teile des Clearings von Euro-Derivaten in die EU27 und insbesondere auf die Eurex Clearing zu verlagern - eine Entwicklung, die Scholz ausdrücklich begrüßte. "Die Deutsche Börse hat mit ihrem Partnerschaftsprogramm der Eurex Clearing mit Banken eine gute Lösung geschaffen und damit die Verlagerung nach Frankfurt attraktiv gemacht", so Scholz.

Beim Thema Kapitalmarktunion in Europa mahnte Scholz weitere Anstrengungen an. Sie sei eine wichtige Säule für die künftigen Wachstums- und Beschäftigungsaussichten in der EU. Denn vielfältigere, EU-weit verfügbare Finanzierungsinstrumente stabilisierten die Finanzmärkte, schafften Wachstum und förderten das Umfeld für Investitionen.

Ein Element, mit dem man sich intensiv befassen müsse, sei ein gut funktionierender Binnenmarkt für digitale Finanztechnologien, um auch hier international wettbewerbsfähig zu sein. Wichtig sei, dass die Wachstumsmöglichkeiten innovativer Unternehmen nicht aufgrund unterschiedlicher nationaler Regelungen an der Grenze aufhörten.

"Gerade vor dem Hintergrund des Brexit müssen wir den europäischen Kapitalmarkt stärken und vertiefen", sagte Scholz. Aber auch andere Entwicklungen in der Welt machten deutlich, dass Europa unabhängiger von den anderen großen Finanzplätzen der Welt werden müsse, wenn man nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch selbstbestimmt agieren wolle.

DJG/mpt/raz/11.02.2019

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