Euro Intern

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Merkel warnt vor Abstieg der deutschen Autoindustrie

Erscheinungsdatum Website: 24.01.2019 22:25:28
Erscheinungsdatum Publikation: 28.01.2019

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DAVOS (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos eindringlich vor einem möglichen Abstieg der deutschen Automobilindustrie gewarnt. Deutschland sei wesentlich durch den Sektor geprägt, liege aber bei der Herstellung von Batteriezellen und der Verwertung der Daten aus dem Verkehrssektor deutlich zurück. "Wir können nicht große Teile der Wertschöpfung anderen Kontinenten einfach überlassen", mahnte Merkel in den Schweizer Alpen.

Das Fehlen einer eigenen Batteriezellproduktion nannte sie ein großes Manko. Sie plädierte deshalb für den Aufbau einer europäischen Zellfertigung und die Verabschiedung von Regeln dazu, wer die Daten aus den Autos kontrolliert. "Wenn sie immer den Plattformen gehören, dann sind unsere Chancen schlechter", sagte die CDU-Politikerin. Ihr Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) müht sich hinter den Kulissen, ein deutsch-europäisches Konsortium zu formen, das mit hoher staatlicher Anschubhilfe eine Zellfabrik errichtet.

Europa müsse auch in anderen Feldern seine wirtschaftlichen Kräfte bündeln. Nur so könne Europa gegen wirtschaftliche Riesen wie beispielsweise die USA bestehen, die Druck auf Firmen ausübten, damit diese sich zum Beispiel aus dem Iran zurückzögen. Anderenfalls riskiere man von außen gesteuert zu werden, so Merkel.

"Wir sehen ja heute, wie ökonomische Stärke wirkt. Die Vereinigten Staaten von Amerika können, wenn wir mal an das Iran-Abkommen denken, wenn sie das kündigen, durch die exterritoriale Wirkung ihrer Sanktionen das Verhalten von Unternehmen direkt beeinflussen", so Merkel. "Da ist natürlich schon die Frage, wie können wir auch mit dem Euroraum so dominant werden, wie können wir den so fixieren, dass er auch ökonomische Kraft auf die Waagschale bringt. Denn wenn man das selber nicht tut, dann wird man natürlich in gewisser Weise auch steuerbar."

Merkel attestierte dem eigenen Land eine große Behäbigkeit, wenn es um den Bau neuer Straßen, Schienen und Leitungen für schnelles Internet geht. "Wir sind in unserer gesamten Infrastruktur zu langsam", beklagte sie. Nur wenn ein Land wie die Bundesrepublik wirtschaftlich stark bleibe, könne es international "Fußabdrücke" hinterlassen.

In ihrer halbstündigen Rede appellierte die Kanzlerin für die internationale Zusammenarbeit und gegen den an Macht gewinnenden Nationalismus. "Wir müssen dagegen antreten", betonte die 64-Jährige. "Alles andere würde ins Elend führen." Eine globale Architektur werde nur funktionieren, wenn die Staaten insgesamt fähig zum Kompromiss seien.

DJG/chg/apo/aat/28.01.2019

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