Märkte der Welt

Der Newsletter "Märkte der Welt" enthält - nach Regionen gegliedert - wöchentliche Zusammenfassungen und Hintergrundanalysen der wichtigsten Nachrichten zur Außenwirtschaft sowie Informationen zu Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Zudem sind weiterführende Kontaktadressen mit Ansprechpartnern angegeben. Die Berichterstattung wird durch das weltweite Netz der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) unterstützt und ist mit Grafiken und Charts angereichert.
Deutscher Autoersteller verdoppeln ihren Absatz in Taiwan
Erscheinungsdatum Website: 26.08.2011 12:00:02
Erscheinungsdatum Publikation: 01.09.2011
TAIPEI (MdW/gtai)--Die Automobilbranche in Taiwan ließ im vergangenen Jahr die Krise der beiden Vorjahre hinter sich. Während der Absatz lokaler Hersteller um 10% zulegte, stieg die Nachfrage nach importierten Fahrzeugen sogar um fast 40%. Davon profitierten insbesondere deutsche Markenanbieter. Neben der Lizenzproduktion japanischer Modelle und der Ersatzteilherstellung will Taiwan das Kfz-Teilesegment in wichtige Anwendungsfelder der Autoelektronik ausweiten. Für die lokale Kfz-Branche sind die Wachstumsaussichten gut.
Nach einer Analyse der Investmentbank J.P.Morgan befindet sich die taiwanische Automobilindustrie gegenwärtig in einer robusten Wachstumstendenz; für dieses Jahr wird eine Expansion der Kfz-Industrie von 12% erwartet, für das kommende Jahr immer noch 8%. Mit einem Importzuwachs von 38,4% war die Automobilwelt der ausländischen Lieferanten im vergangenen Jahr wieder einigermaßen in Ordnung. Besonders die deutschen Fahrzeughersteller konnten zufrieden sein, stieg ihre Absatzmenge doch um fast das Doppelte, wie die Zahlen der Zollbehörde zeigen. Dadurch legte der Importanteil deutscher Fahrzeuge an den Gesamteinfuhren um zehn Prozentpunkte auf 37,6% zu.
Allerdings erwarten Branchenkenner, dass dieses Wachstumstempo nicht anhält, da die ab Juni eingeführte Konsumsondersteuer insbesondere Importautos verteuert. So muss auf Automobile im Wert von über 3 Mio Taiwanesische Dollar (TWD; rund 73.000 EUR) die als "Luxus-Steuer" bezeichnete 10%ige Abgabe hinzugerechnet werden. Lokal hergestellte Fahrzeuge erreichen dieses Preisniveau nicht.
Da die lokale Produktion von Fahrzeugen überwiegend Lizenzfertigung japanischer Modelle ist, sind auch der Absatz und der Fahrzeugbestand stark von japanischen Marken geprägt. So arbeitet zum Beispiel Kuozui Motors mit Toyota zusammen, China Motor Corp mit Mitsubishi, Yulon Motor Co mit Nissan und Prince mit Suzuki. Als nichtjapanischer Lizenzhersteller baut und vertreibt Lio ho Modelle für Ford und Sanyang für Hyundai. Lediglich Yulon hat mit dem Luxgen und dem Tobe eigene Modelle auf den Markt gebracht.
Während Yulon im vergangenen Jahr beim einheimischen Absatz stark zulegen konnte, hat der bisherige Platzhirsch Kuozui 2010 Anteile verloren. Diese Tendenz setzte sich auch in der ersten Hälfte dieses Jahres fort. So konnte Yulon seine Verkäufe gegenüber dem Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres wiederum um fast 50% ausweiten, wohingegen der Absatz von Kuozui stagnierte, so die Angaben der Taiwan Transportation Vehicle Manufacturer's Association (TTVMA).
In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres stieg die Zahl der neu registrierten Fahrzeuge um 28,7% auf 189.000 Einheiten, wie das Directorate General of Budget, Accounting and Statistics berichtet. Über zwei Drittel aller zugelassenen Pkw in Taiwan sind älter als sieben Jahre, darunter ist die Hälfte sogar mehr als zehn Jahre alt. Dies bedeutet einen hohen Ersatzteilbedarf, der zum überwiegenden Teil durch die lokalen Kfz-Teilehersteller gedeckt wird. Aber auch die Importzahlen zeigen, dass der Teilebedarf wächst. Mit einem Zuwachs von 22,4% erreichte die Kfz-Teileproduktion knapp 171 Mrd TWD, die Fertigung von Komplettfahrzeugen legte um 40,2% auf 172,4 Mrd TWD zu. Die Herstellung von Autochassis kam auf rund 3 Mrd TWD, wie Zahlen des Ministry of Economic Affairs zeigen.
Umweltfreundliche und intelligente Fahrzeuge rücken in den Fokus der taiwanischen Automobilbranche. Durch die Expansion in Nischenfelder wollen die Kfz-Hersteller neue Absatzchancen über die bestehende Lizenz-Produktpalette hinaus finden. Das Unternehmen Yulon hat unter anderem mit dem Luxgen bereits eigene Modelle entwickelt. Auch die taiwanischen Kfz-Teilehersteller, die bislang hauptsächlich auf den After-Sales-Markt ausgerichtet sind, wollen diversifizieren.
Sie suchen verstärkt nach Chancen, als direkte Zulieferer mit internationalen Fahrzeugherstellern zusammen zu arbeiten oder als Kooperationspartner bereits etablierter Zulieferer tätig zu werden, wie beispielsweise mit Magna oder Bosch. Von deutscher Seite sind neben Bosch unter anderem auch Osram und ZF vor Ort vertreten. Taiwan will vor allem das vorhandene Know-how im Bereich der Elektronik und Informationstechnologie besser nutzen. So hat Yulon mit Unterstützung von staatlicher Seite und von Forschungsinstituten das Huacheng Automobile Information Center (Haitec) eingerichtet, das sich der Entwicklung elektronischer Systeme widmet, wie der Motorüberwachung, Telematik oder Sicherheitssystemen. Yulon ist auch eines der Unternehmen in Taiwan, die in den Aufbau einer Produktion für Elektrofahrzeuge investiert.
Einen deutlichen Sprung machten im vergangenen Jahr die Exporte in Taiwan hergestellter Automobile, die von 9.655 Einheiten auf 36.914 Einheiten stiegen.Der Entwicklung der taiwanischen Automobilindustrie wird das im September 2010 in Kraft getretene Wirtschaftskooperationsabkommen (Economic Cooperation Framework Agreement - Ecfa) mit dem chinesischen Festland wichtige Unterstützung bringen. Denn die Zölle auf Kfz-Teile sollen innerhalb von drei Jahren auf Null sinken, was dem beiderseitigen Außenhandel einen Schub geben sollte. Zudem bietet das Ecfa ein wichtiges Argument, ausländische Kfz- und Kfz-Teilehersteller zu überzeugen, Taiwan als Produktions-, Forschungs- und Logistikstandort zu nutzen, um von der Insel aus umliegende Märkte zu bedienen.
Aufgrund der Lizenzproduktion japanischer Hersteller ist der Kfz-Teileimport vom nördlichen Nachbarn sehr hoch. Aber auch die Einfuhren vom chinesischen Festland haben schon vor Inkrafttreten des Ecfa deutlich zugenommen, weil japanische wie aber auch taiwanische Kfz-Teilehersteller dort produzieren und auf die Insel liefern. Das gleiche gilt auch im Falle Thailands.
Jürgen Maurer (gtai)