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VR China: Volksrepublik reduziert Exportquoten für Seltene Erden

Erscheinungsdatum Website: 14.09.2010 10:50:01
Erscheinungsdatum Publikation: 15.09.2010

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Zersplitterter Sektor steht vor Konsolidierung / Aufbau strategischer Lager geplant / Von Bernd Schaaf

SHANGHAI (NfA/gtai)--Das chinesische Handelsministerium hat die Exportquoten von Seltenen Erden für das zweiten Halbjahr kräftig gekürzt und will den Sektor umfassend regulieren. Beijing plant, den Wildwuchs beim illegalen Erzabbau zu begrenzen und Produktion und Weiterverarbeitung in der Hand weniger Staatsunternehmen zu konzentrieren. Ferner sieht die Regierung vor, strategische Lager vor allem im Norden des Landes aufzubauen. Unterdessen haben sich die Exporte von Metallen und Metallverbindungen wieder stark erholt.

Die Sicherung der Rohstoffversorgung ist in den vergangenen Monaten zu einem Thema geworden, das weltweit intensiv diskutiert wird. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen derzeit die Volksrepublik China und die Verfügbarkeit von "Seltenen Erden" (RE), da das Land Produktion und Export dieser Metalle und Metallverbindungen dominiert. Nach Angaben des US Geological Survey (Mineral Commodity Summaries) beliefen sich im vergangenen Jahr die weltweiten Reserven von Seltenen Erden auf 99 Mio t. Davon lägen 36 Mio t (36,4%) in China, 19 Mio t in den GUS-Staaten, 13 Mio t in den USA, 5,4 Mio t in Australien und 3,1 Mio t in Indien.

Nachdem im Juli bekanntgeworden war, dass das chinesische Handelsministerium die Exportquoten im zweiten Halbjahr im Vergleich zum ersten Halbjahr um 64% auf knapp 8.000 t reduziert und damit die Quote für das Gesamtjahr mit gut 32.000 t um 39,7% unter dem Vorjahreswert liegt, ist die Aufregung groß. Der Markt ist nun voll von Spekulationen, und entsprechend volatil sind Nachfrage und Preise. So schoss der "Kaiser Bottom Fish Online Rare Earth Index" von 2.000 Punkten im Zeitraum Juni 2009 bis Oktober 2009 auf mehr als 12.000 Punkte nach oben und steht Ende August bei etwa 8.000 Zählern.

Dabei hat sich die Weltproduktion von Seltenen Erden erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten nach China verlagert, da das Land - so betonen Bergbauexperten - aufgrund niedriger Arbeitskosten, zahlloser kleiner, nicht registrierter Minen sowie einer Erzeugung auf Kosten der Umwelt weltweite Konkurrenten wie die US-Firma Molycorp mit ihren Minen in Mountain Pass hatte verdrängen können.

China will offensichtlich den Sektor umfassend reorganisieren und regulieren. Presseberichten zufolge gibt es bis zu 1.000 überwiegend illegal arbeitende Firmen in der Branche, davon allein 450 in der Inneren Mongolei. Aber nur 32 Unternehmen verfügen über eine Exportlizenz und nur zehn haben Kapazitäten von zwischen 2.000 bis 5.000 jato. Nach Angaben der "China Business News" entfällt auf illegale Minen eine Jahresproduktion von mindestens 15.000 t, die illegale Ausfuhr soll sogar 20.000 t betragen. Beijing will nun sämtliche illegale Minenbetreiber zum Schließen ihrer Anlagen zwingen und arbeitet gleichzeitig darauf hin, dass die Erzeugung in der Hand einiger weniger staatlicher Großbetriebe konzentriert wird.

Aus Sicht des Umweltschutzes erscheint eine Konsolidierung des Sektors unvermeidlich. Da bei der Verhüttung von RE-Metallen in unterschiedlichem Umfang Radioaktivität freigesetzt wird, ist das Schmelzen von RE-haltigen Erzen sehr viel umweltschädlicher als die Erzeugung anderer Nichteisenmetalle. Die Rückführung der Exportquoten wird denn auch offiziell mit Argumenten des Umweltschutzes begründet. Beijing will die Anzahl mit Lizenz arbeitender RE-Minen von 123 auf weniger als zehn reduzieren, während RE-verarbeitende Betriebe von 73 auf 20 fallen sollen.

Nach Ansicht von Analysten dürfte die gesamte chinesische Produktion 2010 mit 130.000 t zumindest stabil bleiben. Die RE-Oxiderzeugung, die etwa zwei Drittel der gesamten Herstellung ausmacht, soll 2010 um 8,4% auf 89.200 t gesteigert werden. Hauptsächlich werden "leichte" RE hergestellt (77.000 t), auf die weitaus selteneren "schweren" RE entfallen 12.200 t. In der Inneren Mongolei dürften 50.000 t produziert werden (überwiegend leichte RE), 22.000 t soll Sichuan beisteuern und 8.500 t dürften aus Jiangxi kommen, berichtet die "China Industry News".

Gegenwärtig wird eine "Entwicklungsplanung der RE-Industrie zwischen 2009 und 2015" diskutiert. Beteiligt sind das Ministry of Industry and Information Technology, die National Development and Reform Commission, das Ministry of Commerce sowie das Ministry of Environmental Protection. Nach Berichten des "21 Century Business Herald" soll die chinesische Verwendung von RE-Ressourcen künftig primär der Unterstützung des heimischen Marktes dienen und man will bis 2015 die jährliche Exportquote auf 35.000 t begrenzen. In der Planung ist ferner der Aufbau von Lagerstätten. So will alleine Baotou 675 Mio Renminbi Yuan (CNY; etwa 77,5 Mio EUR) investieren, um zehn Lagermöglichkeiten als strategische Reserve aufzubauen. Die Rede ist von einer Speicherkapazität von bis zu 300.000 t RE-Erzen sowie 80.000 t RE-Oxiden.

Ob es künftig tatsächlich zu Rohstoffengpässen kommen wird, und wenn ja, wie groß die jeweiligen Angebotslücken bei den unterschiedlichen RE-Metallen sind, ist derzeit noch offen. Entgegen dem eigentlichen Wortsinne "Seltene Erden" sind Vorkommen weltweit relativ häufig. Allerdings sind die Konzentrationen sehr gering, so dass sich der Abbau bislang nur in wenigen Fällen lohnt. Durch die stark steigenden Preise dürften jedoch viele Minenprojekte außerhalb Chinas ökonomisch wieder sinnvoll werden. Großprojekte wie Mountain Pass, Lemhi Pass oder Bokan Mountain in den USA werden wieder interessant, und weltweit sind nach Einschätzung des Metall-Consulters Roskill etwa 200 Vorhaben in der Pipeline.

Der chinesische Export von Seltenen Erden hat sich nach den extremen Einbrüchen im vergangen Jahr wieder kräftig erholt. Insbesondere die Ausfuhr von RE-Metallen legte im 1. Halbjahr mit einem Plus von 350,9% an Wert beziehungsweise 253,1% an Menge ein überaus stürmisches Wachstum vor. Da die Menge weit weniger stark stieg als der Wert, verbesserten sich die erzielten Preise nachhaltig. In den ersten sechs Monaten lag der Exportpreis im Durchschnitt bei 19.500 USD je Tonne, knapp 30% mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Werte von 2008 mit 24.000 USD/t sind allerdings noch nicht erreicht. Ähnlich sieht die Lage bei RE-Verbindungen aus. Die Auslandslieferungen konnten sowohl mengen- als auch wertmäßig verdreifacht werden. Von Januar bis Juni 2010 hatten sich die erzielten Preise pro t auf 11.350 USD nahezu verdreifacht.

Japan war im ersten Halbjahr Großabnehmer mit einem mengenmäßigen Exportanteil von 73,0%. Es folgten die Niederlande mit 10,2%, Thailand mit 2,9% sowie Indien mit 2,9%. Nach Deutschland gingen nur 48,8 t (Anteil: 1,2%). Bei den Auslandslieferungen von RE-Verbindungen war die Länderstruktur etwas ausgewogener. Mengenmäßig wurden 41,3% nach Japan exportiert, vor den USA mit 24,7% sowie Frankreich mit 6,8% und Hongkong mit 6,7%. Deutschland lag als Abnehmer auf Rang sieben mit einem Anteil von 3,3% (620,4 t).

Die Exportzölle für Ausfuhren von RE und RE-Verbindungen liegen zwischen 15 und 25%. Während die Auslandslieferungen von RE-Verbindungen 2009 noch zollfrei waren, werden seit 2010 auch für diese Erzeugnisse Abgaben zwischen 15 und 25% erhoben. Der gesamte Weltexport von Seltenen Erden umfasste 2009 nach UN-Angaben 10.532 t. Davon stellen die chinesischen Auslandslieferungen einen Anteil von 50,8%. Bei Verbindungen von Seltenen Erden lagen die Weltausfuhren bei 68.935 t, und der Anteil des chinesischen Exports belief sich auf 55,9%.

S.G./NfA/15.9.2010

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