Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Merck Finck: "So What"- Modus an den Börsen
Erscheinungsdatum Website: 13.08.2025 14:00:02
Erscheinungsdatum Publikation: 14.08.2025
DOW JONES--Viele Marktteilnehmer hätten Sorgen vor Donald Trumps zweiter Amtszeit gehabt, und jetzt markierten große Aktienindizes weltweit immer weiter Allzeithochs, stellt Robert Greil, Chefstratege bei der Privatbank Merck Finck fest. Nach fast sieben Monaten Trump 2.0 herrsche an den Finanzmärkten (wieder) bemerkenswerte Gelassenheit. Der VIX, das wichtigste US-Volatilitätsbarometer, liege um ein Fünftel unter seinem langfristigen Durchschnitt - ein Zeichen dafür, dass sich Anleger von dem intensiven politischen Rauschen nicht mehr nervös machen ließen.
Die Investoren schienen sich an die "Wall of Worries" aus Zöllen, US-Haushalts- und damit Schuldenplänen sowie geopolitischen Spannungen gewöhnt zu haben - oder einfach noch keinen Weg gefunden zu haben, die Risiken richtig einzupreisen. Dennoch blieben diese Risiken real. Bei allen Hoffnungen hinsichtlich des Russland-Ukraine-Konflikts bleibe für Wirtschaft und Börsen das Verhältnis zwischen den USA und China wohl das Entscheidende.
Die Herausforderung für die Akteure am Finanzmarkt sei, dass sich die aktuell von den USA ausgehende Neuordnung jeder historischen Einordnung entziehe. Noch nie habe es in den vergangenen Jahrzehnten es ein derart chaotisches, von einem US-Präsidenten geprägtes Verändern bisheriger (geo)politischer Spielregeln gegeben und ein unstetes, machtgeprägtes Handelssystem für Regionen, Branchen bis mittlerweile hin zu spezifischen Maßnahmen für einzelne Unternehmen.
Ohne belastbare historische Vergleichswerte fehle Investoren wie Analysten jedoch ein Referenzrahmen, um die Risiken angemessen zu bepreisen. Die Märkte navigierten ohne historischen Kompass. Auch wenn politische Analysen und Szenarien bei Research-Häusern und Investoren langsam an Bedeutung gewännen, erscheine die Gefahr, dass die Märkte die Eintrittswahrscheinlichkeit negativer Entwicklungen unterschätzten, nach wie vor hoch.
Die Frage sei, wie weit die Aktienmärkte in ihrer gegenwärtigen Verfassung noch nach oben laufen könnten. Historisch betrachtet seien Wendepunkte im Herbst keine Seltenheit. Passend dazu stehe Ende Oktober der Ostasien-Gipfel an, auf dem Donald Trump auf Chinas Präsidenten Xi Jinping treffen werde. Und am 10. November laufe die eben verlängerte Zollfrist der USA für China aus. Sollte es hier zu einem symbolträchtigen Handschlag zwischen den beiden Staatenlenkern als Signal für ein (vorläufiges) Ende der Zollkonflikte kommen, könnte der Optimismus an den Finanzmärkten seinen Höhepunkt und die Aktienmärkte ihren Gipfel sehen.
DJG/gos/cbr