Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Ifo-Institut erhöht Wachstumsprognose für 2024 auf 0,4 Prozent

Erscheinungsdatum Website: 20.06.2024 13:40:02
Erscheinungsdatum Publikation: 21.06.2024

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BERLIN (Dow Jones)--Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 0,4 (bisher: 0,2) Prozent heraufgesetzt. Im kommenden Jahr dürfte es sich auf 1,5 Prozent beschleunigen, erklärte das Institut. "Es entsteht gerade neue Hoffnung", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. "Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich langsam aus der Krise. Das zweite Halbjahr 2024 dürfte deutlich besser ausfallen als das erste." Gleichzeitig werde die Inflation abflauen, von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent in diesem und auf nur noch 1,7 Prozent im kommenden Jahr.

Im zweiten Quartal werde die Wirtschaftsleistung allerdings mit 0,3 Prozent "nur wenig schneller zulegen als im Vorquartal", sagte er voraus. Zwar werde die Lage von den meisten Unternehmen nach wie vor schlecht bewertet, betonte das Institut. Allerdings hätten seit Jahresbeginn in allen Wirtschaftsbereichen die Erwartungen im Hinblick auf die Entwicklung in den kommenden Monaten zugelegt. "Im weiteren Verlauf des Jahres dürfte die Kaufkraft der privaten Haushalte weiter an Stärke gewinnen und die gesamtwirtschaftliche Erholung im Zuge der Normalisierung der Konsumkonjunktur an Tempo gewinnen", sagte Wollmershäuser.

Der private Konsum wächst laut der Prognose 2024 um 0,3 Prozent und 2025 um 1,8 Prozent, und die Ausrüstungsinvestitionen sinken 2024 um 2,1 Prozent und steigen dann 2025 um 4,3 Prozent. Im laufenden Quartal dürfte der private Konsum jedoch "allenfalls nur stagnieren", erwartete der Ifo-Konjunkturchef. "Die Fußball-Europameisterschaft wird nichts ändern. Sie wird der deutschen Konjunktur kein Sommermärchen bescheren." Die Spiele würden kurzzeitig den Umsätzen im Gastgewerbe und im Lebensmitteleinzelhandel einen Impuls versetzen, aber die inländischen Konsumenten würden vermutlich ihre Ausgaben an anderer Stelle zurückfahren.

Dieses Jahr noch zwei Zinssenkungen

Ein Drittel des erwarteten BIP-Zuwachses im zweiten Quartal dürfte auf Dienstleistungsexporte aufgrund der nach Deutschland kommenden ausländischen Touristen zurückzuführen sein. "Wenn die EM zu Ende ist, wird dieser Impuls sich genau in einen entgegensetzten Impuls umkehren", sagte er aber. Die Exporte werden nach der Prognose dieses Jahr insgesamt um 1,8 Prozent und nächstes um 3,1 Prozent zulegen, die Importe dürften nach einer Stagnation in diesem Jahr im kommenden wieder um 3,3 Prozent anziehen. Der weltweite Handel mit Waren und die globale Industrieproduktion dürften sich insbesondere ab der zweiten Jahreshälfte weiter erholen. Dazu trage auch eine allmähliche Belebung der Investitionen bei, die von der Lockerung der Geldpolitik in den Industrieländern unterstützt werde. Das Institut rechne mit zwei weiteren Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank im laufenden Jahr.

Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte von 45,9 Millionen auf 46,1 Millionen in diesem Jahr steigen und im kommenden sogar 46,2 Millionen erreichen. Die Zahl der Arbeitslosen nimmt laut der Prognose von 2,609 Millionen auf 2,744 Millionen zu, um 2025 dann wieder auf 2,616 Millionen zu sinken. Das entspreche einer Quote von 5,7 Prozent, dann 5,9 und schließlich 5,6 Prozent. Das Staatsdefizit werde von 99 Milliarden Euro auf 73 Milliarden sinken, um dann 2025 weiter auf 54 Milliarden Euro zurückzugehen. Der international kritisierte Überschuss der Leistungsbilanz dürfte von 258 Milliarden auf 312 Milliarden und dann 306 Milliarden Euro wachsen. Das wären 6,3 Prozent der Wirtschaftsleistung, dann 7,3 und schließlich 7,0 Prozent.

Ifo-Präsident Clemens Fuest betonte, aus wirtschaftspolitischer Sicht sei wichtig zu beobachten, ob die Politik Investitionen und Wachstum der Zukunft oder Konsum priorisiere. "Was wir derzeit beobachten, ist, dass die Politik eigentlich mit dem konfrontiert ist, was die Schuldenbremse wollte", sagte er. "Der Sinn der Schuldenbremse war ja, dass man sagt, die Politik soll Prioritäten setzen, also nicht alle Probleme, nicht alle Konflikte durch mehr Schulden lösen, sondern Konflikte austragen." Bislang gebe es eine Reihe von Entscheidungen, die zeigten, "dass bei uns die Politik eindeutig Konsum priorisiert", sagte er. "Das krasseste Beispiel ist das Rentenpaket." Alle Finanzierungsprobleme bei den Zukunftsinvestitionen wären gelöst, wenn man darauf verzichtet hätte, meinte Fuest.

DJG/ank/mgo

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