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Haushaltsausschuss will Budget 2024 erst nächste Woche beschließen

Erscheinungsdatum Website: 17.11.2023 19:00:12
Erscheinungsdatum Publikation: 20.11.2023

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BERLIN (Dow Jones)--Der Bundestags-Haushaltsausschuss hat in seiner Bereinigungssitzung die inhaltlichen Beratungen zum Bundeshaushalt für 2024 nach einer Nachtsitzung beendet, wie die Haushaltsexperten der Koalitionsfraktionen mitteilten. Endgültig beschlossen werden soll der Etat aber erst nach einer Anhörung in der kommenden Woche zu den Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021. "Heute Nacht haben wir die Beratungen der Budgets der Ministerien inhaltlich abgeschlossen", erklärten Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP). Die Opposition übte indessen scharfe Kritik an der Koalition.

Die Einzelpläne 32 und 60, in denen es um Zinsen und allgemeine Finanzverwaltung geht, sollen laut Koalition nach einer digitalen Sachverständigenanhörung am Dienstag in einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses am Donnerstag ausführlich beraten werden. "Damit nehmen wir uns Zeit, um das Urteil aus Karlsruhe zu prüfen", erklärten die Budgetexperten. Damit steht auch noch keine abschließende Budgetsumme fest.

Zu den bereits bekannt gewordenen Änderungen der Bereinigungssitzung gehört laut Bundestag unter anderem eine Aufstockung der Mittel für humanitäre Hilfe. Zudem soll die geplante Reform beim Elterngeld demnach später greifen und stufenweise erfolgen. Weitere Beschlüsse bezogen sich laut den Angaben unter anderem auf den Schutz jüdischen Lebens und die Bekämpfung des Antisemitismus, die politische Bildung sowie die Kosten für Integrationskurse. Der Regierungsentwurf hatte für 2024 Ausgaben in Höhe von 445,7 Milliarden Euro bei einer Nettokreditaufnahme von 16,6 Milliarden Euro vorgesehen.

Die Karlsruher Richter hatten den Nachtragshaushalt für unvereinbar mit dem Grundgesetz und damit nichtig erklärt. Laut dem Urteil durfte die Regierung unter Ausnahme von der Schuldenbremse aufgenommene Mittel von 60 Milliarden Euro, die eigentlich zur Bewältigung der Corona-Pandemie gedacht waren, nicht rückwirkend in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschieben. Der Ausschussvorsitzende Helge Braun (CDU) hatte vor der Bereinigungssitzung erklärt, von der Anhörung erhoffe er sich Erkenntnisse darüber, welche Sondervermögen von dem Karlsruher Urteil betroffen seien. Der Haushaltsausschuss stehe im Zwiespalt, möglichst bis zum Jahresende einen Haushalt aufzustellen und nichts zu beschließen, was die Folgen des Urteils noch nicht berücksichtige.

Koalition kritisiert die Union

Die Koalitions-Haushälter übten nach der Sitzung aber massive Kritik an der Union. "Die Union hat sich heute Nacht der Mitarbeit leider verweigert. Erst hat sie versucht, die Sitzung abzusagen und dann hat sie keinen einzigen Änderungsantrag zum Bundeshaushalt gestellt", monierten sie. Rohde und Kindler kritisierten bei einer Pressekonferenz das Vorhaben der Union, die Sitzung zu verschieben. Dies hätte bedeutet, dass kein Beschluss im Bundestag wie geplant am 1. Dezember möglich gewesen wäre und man somit "in die vorläufige Haushaltsführung gegangen" wäre. "Wir wollten keinen Zustand wie den, den Trumps Republikaner versuchen, in den Vereinigten Staaten zu erzeugen", betonte Rohde. Die Koalitionspolitiker forderten die Union auf, "verantwortungsvoll mit dem Urteil und dessen Folgen umzugehen, statt die Arbeit im Parlament einzustellen".

Unions-Haushaltssprecher Christian Haase (CDU) wies diese Kritik aber bei einer Pressekonferenz zurück und kündigte eine mögliche Klage für den Fall an, dass der Haushalt 2024 beschlossen würde. Die Union habe "überhaupt keine Arbeitsverweigerung" betrieben und im Gegenteil "sehr aktiv" an den Beratungen teilgenommen. Man habe allerdings 375 vorbereitete Anträge nicht formal gestellt, "weil das Urteil quasi dem Haushalt die Beine weggezogen hat". Es wäre verantwortungslos gewesen, zusätzliche Anträge zu stellen, obwohl man die Auswirkungen des Urteils an der Stelle noch gar nicht kenne. Haase monierte, von der Koalition habe der Ausschuss "keine Antwort bekommen", wie die mit dem Urteil wegfallenden 60 Milliarden Euro aufgebracht werden sollten.

Auch stehe infrage, ob auch 200 Milliarden Euro im Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) rückabgewickelt werden müssten. Laut einer von Karlsruhe betonten Buchungsregel, müssten auch in Sondervermögen Kredite auf das Jahr angerechnet werden, in dem sie aufgenommen werden. Aufschluss erhoffe man sich von der Expertenanhörung am Dienstag. "Der nächste Haushalt ist, wenn sich nichts ändert, nach unserer Ansicht verfassungswidrig", sagte er aber. Es stelle sich die Frage, wie die Koalition geplante 32,5 Milliarden Euro an Mehrausgaben finanzieren wolle. "Die glauben, die haben wie auf der Titanic zum Schluss noch einmal ordentlich etwas mitgenommen. Jetzt spielt die Kapelle, und wir warten darauf, dass am nächsten Donnerstag das letzte Stück gespielt wird", sagte Haase.

AfD-Haushaltssprecher Peter Boehringer kritisierte, dass sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) "massiv bedeckt" mit Aussagen über die Folgen des Karlsruher Urteils halte. "Man bekommt dann nur die Plattitüde zu hören, ja natürlich richten wir uns nach dem Urteil, aber was das genau bedeutet, wurde nicht gesagt." Die Koalition habe zwar noch die Chance, einen verfassungsgemäßen Haushalt aufzustellen. "Das impliziert aber nach meiner Rechnung viele, viele Milliarden an Einsparungen", hob Boehringer hervor. Anträge der AfD wären "ohne KTF ausgekommen", diese seien aber abgelehnt worden. Es sei "völlig eindeutig", dass die Koalition auf jeden Fall eine Verabschiedung wie geplant am 1. Dezember im Plenum anstrebe.

DJG/ank/apo

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