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Steuerschätzer erwarten Mehreinnahmen - Lindner sieht keine Spielräume

Erscheinungsdatum Website: 29.10.2023 19:45:02
Erscheinungsdatum Publikation: 30.10.2023

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BERLIN (Dow Jones)--Der deutsche Fiskus kann für die nächsten Jahre mit etwas mehr Steuereinnahmen rechnen als bisher angenommen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) betonte allerdings, dass sich die Staatseinnahmen im Rahmen der Erwartungen entwickelten und sich daher keine Spielräume für zusätzliche Ausgaben ergäben. Insgesamt dürfte der Staat der neuen Steuerschätzung zufolge kommendes Jahr nur 1,9 Milliarden Euro mehr einnehmen und der Bund alleine 3,8 Milliarden mehr als zuvor im Mai für 2024 geschätzt. Bis einschließlich 2027 belaufen sich die Mehreinnahmen nach Berechnungen der Steuerschätzer für den Gesamtstaat auf rund 23,3 Milliarden Euro und für den Bund alleine auf insgesamt 6,4 Milliarden Euro.

Die Mehreinnahmen dürften dennoch die Diskussionen innerhalb der Regierungskoalition um zusätzliche Ausgaben weiter befeuern. Dass sich die Einnahmen im Rahmen der Erwartungen entwickelten ist laut Lindner eine "schlechte Nachricht" für diejenigen, die auf zusätzliche finanzielle Möglichkeiten gehofft hätten.

"Denn neue Verteilungsspielräume, die gibt es nicht", sagte er auf einer Pressekonferenz. Die öffentlichen Haushalte müssten konsolidiert und das wirtschaftliche Wachstum müsse gestärkt werden. Mehr denn je sei Deutschland aufgefordert, klug zu haushalten und zu priorisieren. "Jetzt ist die Zeit, mutige Entscheidungen bei der Ausgabenplanung zu treffen", so Lindner.

Der Finanzminister betonte erneut, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einhalten zu wollen. Aufgrund der schwächeren Konjunktur könne der Bund 5,5 Milliarden Euro zusätzlich an neuen Krediten im Rahmen der Schuldenbremse aufnehmen.

Zusätzliche Ausgaben nur bei Gegenfinanzierung

Lindner betonte, dass die Steuerschätzung auf der Grundlage der aktuellen Rechtslage vorgenommen wurde. Diese beinhalte das Auslaufen des Spitzenausgleichs bei der Stromsteuer für besonders energieintensive Unternehmen sowie die Anhebung des aktuell reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Speisen in Restaurants im kommenden Jahr.

Wer dies ändern will, "müsste dafür zusätzliche Mittel finden", sagte Lindner. "Wer mehr verteilen will, muss sagen, woher es kommt."

Mit Blick auf die generelle Haushaltslage sagte Lindner, dass die Bundesregierung trotz der ernüchternden Zahlen Erfolge in ihrer Haushaltspolitik sehe. Die Schuldenquote Deutschlands werde sich im nächsten Jahr auf rund 65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reduzieren. In 2024 werde zudem das deutsche Haushaltsdefizit weiter verringert und "deutlich unterhalb" des Maastricht-Kriteriums von 3 Prozent liegen.

"Die fiskalische Trendwende ist damit gelungen. Die Zeit einer steigenden Schuldenquote und hoher Defizite liegt hinter uns", sagte Lindner. "Deutschland muss weiter der Stabilitätsanker in der Europäischen Union und in unserer Währungsunion bleiben."

Steuermehreinnahmen legen ab 2025 zu

Dieses Jahr müssen Bund, Länder und Gemeinden nach der Berechnungen des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" mit 4,5 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen als im Mai angenommen, kommendes Jahr gibt es zusätzliche Einnahmen in Höhe von lediglich 1,9 Milliarden Euro und 2025 Steuermehreinnahmen von 7,8 Milliarden Euro.

Für die beiden Folgejahre rechnen die Experten mit Mehreinnahmen gegenüber der bisherigen Prognose von 8,3 Milliarden Euro in 2026 und 9,8 Milliarden Euro in 2027.

Dem Bund alleine drohen in diesem Jahr um 3,6 Milliarden Euro geringere Steuereinnahmen als zuvor erwartet. Laut Lindner kann der Bundeshaushalt aber mit diesen geringeren Einnahmen umgehen. Im nächsten Jahr sollen die Steuereinnahmen dann 3,8 Milliarden über den vorherigen Erwartungen liegen.

Insgesamt sollen die Steuereinnahmen 2023 gegenüber dem Vorjahr um 2,3 Prozent auf 916,1 Milliarden Euro steigen und um 5,2 Prozent im kommenden Jahr auf dann 964,1 Milliarden Euro. Im Mai waren die Steuerschätzer noch von einem Anstieg in diesem Jahr um 2,8 Prozent auf 920,6 Milliarden Euro ausgegangen und 2024 um 4,5 Prozent auf dann 962,2 Milliarden Euro.

Für die nachfolgenden Jahre veranschlagen die Experten jährliche Steigerungsraten von 5,5 Prozent in 2025, 3,7 Prozent in 2026 und 3,2 Prozent im Jahr 2027. Die Einnahmen sollen nach ihren Berechnungen dann 2028 bei 1,124 Billionen Euro liegen.

Dem Arbeitskreis Steuerschätzung, der die Zahlen im Frühjahr und im Herbst berechnete, gehören Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen sowie Experten von Verbänden, Wirtschaftsforschungsinstituten und Behörden an.

DJG/aat/sha/30.10.2023

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