Euro Intern

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Schnabel: EZB unsicher über Inflationsentwicklung

Erscheinungsdatum Website: 31.08.2023 18:50:01
Erscheinungsdatum Publikation: 04.09.2023

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel nicht sicher, wie schnell die sich abzeichnende Wachstumsabschwächung zu einer Rückkehr der Inflation zum Zielwert von 2 Prozent führen wird. Schnabel sagte in einer EZB-Konferenz, weder sei das Ausmaß der Wachstumsabschwächung klar, noch die Reaktion der Verbraucherpreise darauf. Angesichts dieser Unsicherheit muss die EZB Schnabel zufolge weiterhin von Sitzung zu Sitzung entscheiden und kennt den voraussichtlichen Höhepunkt des aktuellen Zinserhöhungszyklus selbst nicht.

Schnabel machte in ihrer Rede aber deutlich, dass sie überwiegend Risiken sieht, dass die Inflation nur langsam sinken wird. Zu diesen Risiken gehört neben den Klimarisiken und ihren Auswirkungen auf die Nahrungsmittelpreise auch das Preissetzungsverhalten der Unternehmen. "Zwar geben Unternehmen höhere Kosten schnell an ihre Kunden weiter, doch könnten sie bei der Weitergabe niedrigerer marginaler Kosten zögern", sagte sie.

Diese Neigung wird Schnabel zufolge durch Umfragen bestätigt. So wollten zuletzt im verarbeitenden Gewerbe 12 Prozent der befragten Unternehmen ihre Preise senken, wobei aber ein ebenso großer Anteil die Preise anheben wollte. Im Service-Sektor überwogen demnach die Firmen mit Preiserhöhungsplänen bei weitem. "Das deutet darauf hin, dass es dauern wird, ehe die Umkehr des Kostenschocks voll in der unterliegenden Inflation ankommt", argumentierte sie.

Mit Blick auf die EZB-Ratssitzung am 13./14. September sagte die EZB-Direktorin: "Sollten wir zu dem Schluss kommen, dass der geldpolitische Kurs nicht mit einer rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zu unserem 2-Prozent-Ziel vereinbar ist, wäre eine weitere Anhebung der Zinssätze gerechtfertigt." In einem Umfeld mit angespannten Arbeitsmärkten und strukturellem inflationärem Gegenwind wäre dies auch eine Absicherung gegen das weiterhin erhöhte Risiko, dass die Inflation zu lange über dem EZB-Ziel bleibe.

Die EZB-Direktorin verwies an anderer Stelle darauf, dass die realen risikofreien Zinsen in den vergangenen Wochen über alle Laufzeiten gesunken seien und sich nun wieder auf dem Niveau von Februar befänden. "Dieser Rückgang könnte unsere Bemühungen zuwiderlaufen, die Inflation rechtzeitig auf den Zielwert zu senken."

Schnabel fuhr fort: "Sollte hingegen unsere Bewertung der geldpolitischen Transmission darauf hindeuten, dass das Tempo des Inflationsrückgangs wie gewünscht verläuft, könnten wir es uns leisten, bis zu unserer nächsten Sitzung zu warten, um mehr Erkenntnisse darüber zu sammeln, wie sich die Verlangsamung der Nachfrage im Laufe der Zeit auf die Preis- und Lohnbildung auswirken wird."

Bei diesem datenabhängigen Ansatz könne die EZB aber nicht vorhersagen, wie weit der Zins angehoben werden müsse oder wie lange die Zinssätze auf einem restriktiven Niveau gehalten werden müssten. Es sei außerdem nicht möglich, eine heute notwendige weitere Straffung der Geldpolitik gegen das Versprechen eintauschen, die Zinsen länger auf einem bestimmten Niveau zu halten.

DJG/hab/kla/04.09.2023

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