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EZB-Rat wollte Offenheit für unveränderte Zinsen kommunizieren

Erscheinungsdatum Website: 31.08.2023 18:45:02
Erscheinungsdatum Publikation: 04.09.2023

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FRANKFURT (Dow Jones)--Im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat es bei den Beratungen am 26. und 27. Juli 2023 Warnungen vor einer zu starken Straffung der Geldpolitik gegeben. Wie aus dem jetzt veröffentlichten Sitzungsprotokoll hervorgeht, stimmten alle Ratsmitglieder für eine Zinsanhebung um 25 Basispunkte, nachdem sich einige von ihnen anfänglich für unveränderte Zinsen ausgesprochen hatten. Am 15. Juni, als die Zinsen ebenfalls um 25 Basispunkte erhöht worden waren, hatte es anfänglich noch Forderungen nach einer Anhebung um 50 Basispunkte gegeben. Mit Blick auf die September-Sitzung einigte sich das Gremium darauf, eine gewisse Offenheit für unveränderte Zinsen zu signalisieren.

"Es wurde daran erinnert, dass frühere Zinserhöhungen noch nicht vollständig in der Realwirtschaft angekommen seien. Darüber hinaus müsse der EZB-Rat bei der Verfolgung seines mittelfristigen Preisstabilitätsmandats die ihm im Vertrag über die Europäische Union zugewiesenen 'sekundären Ziele' berücksichtigen und unnötige Nebenwirkungen auf Produktion und Beschäftigung vermeiden", heißt es im Protokoll. Zwar folgte auf dieses Argument umgehend der Verweis auf das Primärziel Preisstabilität, doch klingt in dem Dokument stärker als früher die Sorge vor einer zu starken Straffung durch.

Die Position der "Falken" im Rat war: "Eine weitere Zinserhöhung im September wäre notwendig, wenn es keine überzeugenden Beweise dafür gäbe, dass die Wirkung der kumulativen Straffung stark genug ist, um die zugrunde liegende Inflation in einer Weise zu senken, die mit einer rechtzeitigen Rückkehr der Gesamtinflation zum 2-Prozent-Ziel vereinbar ist."

Von den "Tauben" hieß es unter anderem, dass es recht wahrscheinlich sei, dass die EZB-Stabprojektionen eine Korrektur des Inflationspfads in Richtung 2 Prozent zeigen würden, so dass eine weitere Zinserhöhung im September nicht erforderlich wäre.

Der Ausblick für den weiteren Zinskurs wurde folgendermaßen verändert: "Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die EZB-Leitzinsen so lange wie erforderlich auf einem ausreichend restriktives Niveau liegen werden, um eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2-Prozent-Ziel zu ermöglichen." Damit wollte das Gremium signalisieren, dass es auch unveränderte Zinsen, aber keine Zinssenkung für denkbar hält.

Im Juni hatte es noch geheißen: Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die EZB-Leitzinsen auf ein ausreichend restriktives Niveau gebracht werden, um eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2-Prozent-Ziel zu ermöglichen.

Kontrovers diskutiert wurde im Rat die später beschlossene Senkung der Verzinsung der Mindestreserven auf 0 Prozent. Laut dem Sitzungsprotokoll warnten einige Mitglieder vor so einem Schritt, weil er eine zusätzliche Straffung darstelle. Andere befürworteten diesen Schritt und sagten, dass die Mindestreservepolitik Teil der Geldpolitik sei. "Diese Mitglieder sprachen sich für eine Anhebung des Mindestreservesatzes auf 2 Prozent aus und wiesen darauf hin, dass ein Satz in dieser Höhe vor 2011 die Regel gewesen sei."

DJG/hab/apo/04.09.2023

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