Euro Intern

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Kabinett will Finanzstandort und Startups stärken

Erscheinungsdatum Website: 17.08.2023 19:10:45
Erscheinungsdatum Publikation: 21.08.2023

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BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung will mit einem Maßnahmenpaket den Finanzstandort stützen und insbesondere die Bedingungen für Beteiligungskapital verbessern. Das Kabinett beschloss den Entwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz, wie das Bundesfinanz- und das Bundesjustizministerium mitteilten. "Der Gesetzentwurf soll durch ein umfangreiches Maßnahmenpaket den deutschen Finanzstandort stärken und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU (kleine und mittlere Unternehmen) verbessern", erklärten die Ministerien. "Das Zukunftsfinanzierungsgesetz wird die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes stärken", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).

"Wir geben Zukunftsbranchen einen zusätzlichen Anschub", hob Lindner hervor. Gerade für Startups und Wachstumsunternehmen werde es künftig leichter, privates Kapital für Investitionen zu mobilisieren und innovative Entwicklungen voranzutreiben. Darüber hinaus werde mit neuen Regelungen für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ein wichtiger steuerpolitischer Anreiz geschaffen, von dem nicht nur junge Start-ups, sondern auch bereits etablierte kleine und mittelständische Unternehmen profitieren würden. "Das Zukunftsfinanzierungsgesetz ist ein wichtiger Impuls für neues Wachstum, das Deutschland jetzt braucht", zeigte sich Lindner überzeugt.

Mit dem Gesetz soll laut den Angaben die marktbasierte Finanzierung am deutschen Kapitalmarkt erleichtert werden. Damit werde zum einen die Position des Finanzstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb gestärkt, zum anderen würden ökonomische Impulse gesetzt. Ein attraktiverer Kapitalmarkt und verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten würden es vor allem Startups und Wachstumsunternehmen erleichtern, neues Kapital für Investitionen aufzunehmen. Damit könnten innovative Entwicklungen und technologischer Fortschritt in Deutschland vorangetrieben werden. Zusätzlich würden junge Unternehmen wie auch etablierte KMU im Wettbewerb um internationale Fachkräfte von neuen steuerrechtlichen Regeln für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung profitieren.

Geringere Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge

Geplant ist unter anderem ein leichterer Kapitalmarktzugang für Startups und Wachstumsunternehmen. So würden nationale Spielräume genutzt, um die Hürden für den Kapitalmarktzugang zu senken und den Gang an die Börse zu erleichtern. Bei Börsengängen können die Börsen demnach künftig in Teilen des regulierten Marktes einen Verzicht auf den bislang notwendigen Mitantragsteller erlauben, wodurch die Kosten bei Börsengängen reduziert werden könnten. Die Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge soll von 1,25 Millionen Euro auf 1 Million Euro gesenkt werden, um auch kleineren Unternehmen den Weg zum Kapitalmarkt zu eröffnen.

Die Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien mit einem Stimmrecht von bis zu 10:1 werde ermöglicht. Dies schaffe neue Anreize für Börsengänge, indem sich Gründerinnen und Gründer den Einfluss auf das Unternehmen trotz Kapitalaufnahme bewahrten. Gleichzeitig werde der Schutz der Investoren ohne Mehrstimmrechte gesichert. Mit der Börsenmantelaktiengesellschaft (BMAG) werde zudem nach Vorbild der Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) in den USA ein modernes Instrument zur Verfügung gestellt, das Startups und Wachstumsunternehmen einen alternativen Weg an den Kapitalmarkt eröffne, von dem auch Anleger profitieren könnten. Ein angemessener Schutz der Anleger werde sichergestellt. Die Mantelgesellschaft diene als Vehikel, damit junge Unternehmen das aufwendige und teure Prozedere des Börsengangs nicht selbst stemmen müssten.

Mit attraktiven Regelungen bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung stärke das Zukunftsfinanzierungsgesetz die deutsche Wirtschaft im Fachkräftewettbewerb. Beschäftigte könnten künftig auch finanziell besser an der Entwicklung ihres Unternehmens teilhaben. Der Steuerfreibetrag bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung soll nach dem Plan von bislang 1.440 Euro pro Jahr auf 5.000 Euro erhöht werden. Er soll auch durch Umwandlung von Arbeitsentgelt von bis zu 2.000 Euro im Jahr ausgeschöpft werden können.

Kapitalerhöhungen werden erleichtert

Weitere Vereinfachungen und Modernisierungen im Finanzmarktrecht liegen laut den Angaben unter anderem darin, dass Kapitalerhöhungen einer AG erleichtert und so die Rahmenbedingungen für die Eigenkapitalaufnahme verbessert werden sollen. Beim vereinfachten Bezugsrecht ist eine höhere Quote von 20 Prozent statt bislang 10 Prozent vorgesehen. In geeigneten Fällen soll eine Anfechtung bei Streitigkeiten über den Ausgabebetrag ausgeschlossen sein, und es soll stattdessen ein Spruchverfahren eingeführt werden. Auch werde eine Bereichsausnahme von der gerichtlichen Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verträge geschaffen, die zwischen Finanzdienstleistern abgeschlossen werden.

Zudem werde die Möglichkeit geschaffen, elektronische Aktien in einem elektronischen Wertpapierregister oder Kryptowertpapierregister zu begeben. Mit dem Gesetz soll laut den Angaben eine Regelung geschaffen werden, die eine Aussonderung von Kryptowerten von Kunden in der Insolvenz des Kryptoverwahrers rechtssicher ermöglicht. Verbessert würden auch Rechtssicherheit und Handhabbarkeit bei der Regelung zur Haftung bei der Schwarmfinanzierung (Crowdfunding). Für Investmentfonds würden Investitionen in Anlagen für erneuerbare Energien aufsichtsrechtlich erleichtert.

Die Finanzmarktaufsicht werde weiter modernisiert - etwa durch den Abbau von Digitalisierungshemmnissen und verbesserte Rahmenbedingungen etwa bei der englischsprachigen Kommunikation mit der Finanzaufsicht Bafin. Verschwiegenheitspflichten in den Finanzaufsichtsgesetzen sollen zudem angepasst werden, um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Finanzaufsicht mit den Steuerbehörden zu verbessern. Die Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds soll zudem ausgeweitet werden, um die Wettbewerbsbedingungen in Europa anzugleichen, und Verwaltungsleistungen von Konsortialführern bei offenen Konsortialdarlehen sollen von der Umsatzsteuer befreit werden.

Der Bundesverband Deutsche Startups zeigte sich erleichtert über die Verbesserungen für die Mitarbeiterbeteiligung. "Damit wird eine langjährige Forderung deutscher Startups erfüllt", betonte Verbandschef Christian Miele. Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs stelle die Bundesregierung die richtigen Weichen, damit Startups und Scale-ups ihre Beschäftigten künftig am Unternehmenserfolg finanziell beteiligen könnten. Miele betonte, der Kabinettsbeschluss zum Zukunftsfinanzierungsgesetz sei "ein entscheidender Schritt zu besseren Bedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen in Deutschland".

DJG/ank/sha/21.08.2023

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