Euro Intern

"Euro Intern" enthält neben umfassenden Informationen zur Geldpolitik in der Eurozone und der EU auch wichtige Hintergrundinfos und Analysen mit Charts von EZB-Beobachtern.
EZB erhöht Leitzinsen um 25 Basispunkte
Erscheinungsdatum Website: 28.07.2023 18:11:49
Erscheinungsdatum Publikation: 31.07.2023
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Geldpolitik trotz der jüngsten Anzeichen für eine konjunkturelle Abschwächung in der Eurozone weiter gestrafft. Wie die EZB nach zweitägigen Beratungen mitteilte, steigen die Leitzinsen um 25 Basispunkte, wodurch sich der maßgebliche Bankeinlagensatz auf 3,75 Prozent erhöht. Die neunte Zinserhöhung in Folge bringt das Zinsniveau auf den höchsten Stand seit 22 Jahren. Ökonomen und Börsianer hatten diesen Schritt erwartet.
Zum Zinsausblick hieß es in dem geldpolitischen Statement unverändert: "Der EZB-Rat wird mit seinen künftigen Entscheidungen dafür sorgen, dass die Leitzinsen der EZB auf ein Niveau gebracht werden, das ausreichend restriktiv ist, um eine rasche Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Ziel von 2 Prozent zu erreichen, und dass sie so lange wie nötig auf diesem Niveau gehalten werden."
Die EZB hielt sich die Option für weitere Zinserhöhungen offen. "Die Inflation geht weiter zurück, dürfte aber noch zu lange zu hoch bleiben", hieß es in der Erklärung. "Während einige Maßnahmen Anzeichen einer Entspannung zeigen, bleibt die zugrunde liegende Inflation insgesamt hoch."
Der EZB-Rat beschloss, die Verzinsung der Mindestreserven auf 0 Prozent festzusetzen. "Mit diesem Beschluss wird die Wirksamkeit der Geldpolitik gewahrt, indem der derzeitige Grad der Kontrolle über den geldpolitischen Kurs beibehalten und die vollständige Weitergabe der Zinsentscheidungen an die Geldmärkte sichergestellt wird", erklärte die EZB.
Der EZB-Rat bekräftigte zudem, dass die Tilgungsbeträge fällig gewordener Anleihen, die unter dem PEPP-Programm erworben wurden, bis mindestens Ende 2024 wieder angelegt werden. Ein künftiger Abbau dieser Bestände soll so ablaufen, dass eine Störung der Geldpolitik vermieden wird. Die Wiederanlage von Tilgungsbeträgen fällig gewordener Anleihen soll, wenn nötig, flexibel erfolgen.
Folgende Beschlüsse fasste der EZB-Rat im Einzelnen:
1. Leitzinsen steigen um 25 Basispunkte
Der maßgebliche Leitzins, der Zins für Einlagen bei der EZB, steigt mit Wirkung vom 2. August auf 3,75 (bisher: 3,50) Prozent, der Hauptrefinanzierungssatz auf 4,25 (4,00) Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz auf 4,50 (4,25) Prozent. "Der EZB-Rat wird weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen, um die angemessene Stärke und Dauer der geldpolitischen Bremsung zu bestimmen", hieß es in dem Statement. Als Kriterien nannte der Rat den Inflationsausblick, die unterliegende Inflation und die Stärke der geldpolitischen Transmission.
2. Wiederanlage unter PEPP-Programm bis Ende 2024
Die Tilgungsbeträge fällig gewordener Anleihen, die unter dem PEPP-Programm erworben wurden, sollen bis mindestens Ende 2024 wieder angelegt werden. Ein künftiger Abbau dieser Bestände soll so ablaufen, dass eine Störung der Geldpolitik vermieden wird. Die Wiederanlage von Tilgungsbeträgen fällig gewordener Anleihen soll wenn nötig flexibel erfolgen, um so Risiken für die geldpolitische Transmission zu begegnen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben.
3. Refinanzierungsgeschäfte
Der EZB-Rat will darauf achten, wie die Rückzahlung der im Rahmen langfristiger und gezielter Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO) aufgenommenen Kredite die geldpolitische Ausrichtung beeinflusst.
4. Spread-Kontrolle bei Staatsanleihen
Der EZB-Rat ist bereit, alle seine Instrumente im Rahmen seines Mandats anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei seinem Zielwert von 2 Prozent stabilisiert und die geldpolitische Transmission funktioniert. Das Instrument zur Absicherung der Transmission (TPI - Transmission Protection Instrument) steht zur Verfügung, um ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Transmission der Geldpolitik im Euroraum darstellen. Dies ermögliche dem EZB-Rat eine effektivere Erfüllung seines Preisstabilitätsmandats. EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird die Beschlüsse in einer gegen 14.45 Uhr beginnenden Pressekonferenz erläutern.
DJG/apo/smh/31.07.2023