Märkte der Welt

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Opec-Ölkürzungen sollten eigentlich niemanden überraschen

Erscheinungsdatum Website: 05.04.2023 15:05:03
Erscheinungsdatum Publikation: 06.04.2023

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Reiseintensive Sommersaison steht vor der Tür / Von Jinjoo Lee

WIEN (Dow Jones)--Die Opec+ ist mit einem Paukenschlag zurück. Die Organisation erdölexportierender Länder und ihre von Russland angeführten Verbündeten erklärten, dass sie ihre Ölproduktion ab Mai gemeinsam um 1,66 Mio bpd kürzen. Dieser Schritt überraschte den Markt einen Tag vor einer geplanten Sitzung des Gemeinsamen Ministeriellen Kontrollausschusses. Saudi-Arabien und Russland sind mit jeweils 500.000 bpd am stärksten betroffen, während sieben andere Länder ihre Fördermengen in geringerem Umfang anpassen, wie aus der aktuellen Opec-Pressemitteilung hervorgeht.

Die Kürzung, die mehr als 1% der weltweiten Ölnachfrage entspricht, erfolgt sechs Monate nach Vereinbarung der Opec+, ihre gemeinsame Fördermenge um 2 Mio bpd zu senken. Da die Mitglieder der Opec+ im Vergleich zu ihren Zielen bereits zu wenig produzieren, könnten die tatsächlichen Auswirkungen geringer sein, als die Schlagzeilen vermuten lassen. Analysten von RBC Capital Markets schätzen, dass der wirkliche Einschnitt bei etwa 700.000 bpd liegen könnte.

Verglichen mit einer Kürzung vom Oktober scheint diese jedoch weit weniger umstritten zu sein. Zum einen fällt die Entscheidung an diesem Wochenende nicht wie damals in die Zeit vor den US-Zwischen-Kongresswahlen, als die steigenden Kraftstoffpreise für das Weiße Haus ein besonders heikles Thema waren. Rohöl der Sorte Brent kostete Ende vergangener Woche unter 80 Dollar pro Barrel - mindestens 5 Dollar weniger als vor der Ankündigung der Förderkürzung im Oktober.

Wichtiger ist jedoch, dass die Lage auf dem Ölmarkt im Vergleich zum vergangenen Mal weniger angespannt aussieht. Laut der Internationalen Energieagentur lagen die Ölvorräte der Industrie in den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vor der Kürzung im Oktober um 9,2% unter dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Aus dem jüngsten Bericht der Agentur geht hervor, dass diese Vorräte nur noch 2,9% unter ihrem Fünfjahresdurchschnitt rangieren, wobei die weltweiten Vorräte im Januar den höchsten Stand seit September 2021 erreichten. Für Februar wurde eine weitere Aufstockung erwartet.

Die Kürzung der Opec+ erfolgt jedoch vor der Sommersaison, in der die Nachfrage saisonbedingt zunimmt. Und es gab bereits eine erhebliche Lieferunterbrechung aus dem Irak, wo eine Pipelinesperrung die Exporte von 470.000 bpd unterbrochen hat. Obwohl eine Wiederaufnahme dieser Exporte vereinbart wurde, ist dies keine sichere Sache. Der Schritt der Opec+ kommt auch zu einem Zeitpunkt, an dem sich zudem die chinesische Ölnachfrage erholt. Clearview Energy Partners schätzt, dass die jüngsten Kürzungen zu einem durchschnittlichen Angebotsdefizit von bis zu 2,14 Mio bpd vom zweiten Quartal bis zum Jahresende führen könnten.

Für die Ölmärkte ist vielleicht am Bemerkenswertesten, wie schnell die Gruppe zu einer Entscheidung gekommen ist und wie wenig die Länder im Vorfeld über die Beratungen verlauten ließen. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Nachfragetrends, die die Länder der Opec+ wahrnahmen, besorgniserregend genug waren, um eine einstimmige Entscheidung zu treffen. Wenn dem so ist, könnte der rasche Schritt der Öllieferanten des weltweit wichtigsten Industrierohstoffs ein unheilvolles Zeichen für das globale Wachstum sein.

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