Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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EZB erhöht Zinsen um 50 Basispunkte - keine Zins-Guidance mehr

Erscheinungsdatum Website: 16.03.2023 15:10:48
Erscheinungsdatum Publikation: 17.03.2023

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine Anhebung ihrer Leitzinsen um 50 Basispunkte verkündet, aber keine weiteren Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. Sie will weiterhin ihre unter dem APP-Programm erworbenen Anleihebestände bis zum Ende des zweiten Quartals um 15 Milliarden Euro pro Monat verringern, wie aus dem geldpolitischen Beschluss hervorgeht. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen Zinsschritt von 50 Basispunkten prognostiziert. Allerdings war die entsprechende Umfrage vor der Insolvenz der Silicon Valley Bank und der Beantragung von Liquiditätshilfe durch Credit Suisse angestellt worden.

Der volkswirtschaftliche Stab der EZB hat außerdem seine Inflationsprognosen für 2023 bis 2025 gesenkt. Laut EZB-Mitteilung werden jetzt Inflationsraten von 5,3 (bisher: 6,3) Prozent, 2,9 (3,4) Prozent und 2,1 (2,3) Prozent erwartet. Für die Verbraucherpreise ohne Energie und Nahrungsmittel werden Teuerungsraten von 4,6 (4,2), 2,5 (2,8) und 2,2 (2,4) Prozent prognostiziert. Das Wirtschaftswachstum sehen die Volkswirte nun bei 1,0 (0,5), 1,6 (1,9) und 1,6 (1,8) Prozent.

Folgende Punkte beinhaltet das geldpolitische Statement:

1. Leitzinsen steigen um 50 Basispunkte

Der maßgebliche Leitzins, der Zins für Einlagen bei der EZB, steigt mit Wirkung vom 22. März auf 3,00 (bisher: 2,50) Prozent, der Hauptrefinanzierungssatz auf 3,50 (3,00) Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz auf 3,75 (3,25) Prozent. "Das hohe Maß an Unsicherheit unterstreicht die Bedeutung eines datenabhängigen Ansatzes für die Leitzinsentscheidungen des EZB-Rats, die von seiner Einschätzung der Inflationsaussichten unter Berücksichtigung der eingehenden Wirtschafts- und Finanzdaten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission bestimmt werden", heißt es in dem Statement.

Laut der Erklärung beobachtet der EZB-Rat die aktuellen Marktspannungen genau und ist bereit, bei Bedarf zu reagieren, um die Preis- und Finanzstabilität zu gewährleisten. "Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig und verfügt über eine starke Kapital- und Liquiditätsausstattung", betonte die EZB. Das geldpolitische Instrumentarium der EZB sei "voll ausgestattet, um das Finanzsystem des Euroraums bei Bedarf mit Liquidität zu unterstützen und die reibungslose Übertragung der Geldpolitik zu gewährleisten".

2. Wiederanlage APP-Programm

Die EZB will die Wiederanlage der Tilgungsbeträge fällig gewordener Anleihen, die unter dem APP-Programm bis zum Ende des zweiten Quartals monatlich um 15 Milliarden Euro verringern. Über die weitere Entwicklung soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.

3. Wiederanlage unter PEPP-Programm bis Ende 2024

Die Tilgungsbeträge fällig gewordener Anleihen, die unter dem PEPP-Programm erworben wurden, sollen bis mindestens Ende 2024 wieder angelegt werden. Ein künftiger Abbau dieser Bestände soll so ablaufen, dass eine Störung der Geldpolitik vermieden wird. Die Wiederanlage von Tilgungsbeträgen fällig gewordener Anleihen soll wenn nötig flexibel erfolgen, um so Risiken für die geldpolitische Transmission zu begegnen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben.

4. Refinanzierungsgeschäfte

Der EZB-Rat will darauf achten, wie die Rückzahlung der im Rahmen langfristiger und gezielter Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO) aufgenommenen Kredite die geldpolitische Ausrichtung beeinflusst.

5. Spread-Kontrolle bei Staatsanleihen

Der EZB-Rat ist bereit, alle seine Instrumente im Rahmen seines Mandats anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei seinem Zielwert von 2 Prozent stabilisiert und die geldpolitische Transmission funktioniert. Das Instrument zur Absicherung der Transmission (TPI - Transmission Protection Instrument) steht zur Verfügung, um ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Transmission der Geldpolitik im Euroraum darstellen. Dies ermöglicht dem EZB-Rat eine effektivere Erfüllung seines Preisstabilitätsmandats.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird die Beschlüsse in einer gegen 14.45 Uhr beginnenden Pressekonferenz erläutern.

DJG/hab/apo

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