Märkte der Welt

Der Newsletter "Märkte der Welt" enthält - nach Regionen gegliedert - wöchentliche Zusammenfassungen und Hintergrundanalysen der wichtigsten Nachrichten zur Außenwirtschaft sowie Informationen zu Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Zudem sind weiterführende Kontaktadressen mit Ansprechpartnern angegeben. Die Berichterstattung wird durch das weltweite Netz der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) unterstützt und ist mit Grafiken und Charts angereichert.

Hybrid-Autos kommen ganz groß raus

Erscheinungsdatum Website: 01.03.2023 15:30:03
Erscheinungsdatum Publikation: 02.03.2023

zurück zur Übersicht

Li Auto wird zum höchst bewerteten Hersteller nach Tesla / Von Stephen Wilmot

BEIJING (Dow Jones)--Hybrid-Elektrofahrzeuge sollte man nicht abschreiben. Nach Tesla ist das am höchsten bewertete börsennotierte US-Elektrofahrzeugunternehmen nicht die heimischen Rivian oder Lucid, sondern Li Auto, ein chinesischer Hersteller. Dieser strebte bereits 2020 an die Börse, indem er amerikanische Hinterlegungsscheine (ADRs) ausgab. Das Unternehmen hat einen Marktwert von rund 26 Mrd US-Dollar, verglichen mit 20 Mrd Dollar für Nio, das schon früher den Weg über chinesische ADRs gewählt hat, 17 Mrd für Rivian und 15 Mrd Dollar für Lucid.

Es ist keine Überraschung, dass chinesische EV-Start-ups mehr wert sind als US-amerikanische. China ist ein reiferer Markt für Elektroautos, und Li sowie Nio - beides Premiummarken - sind in der Herstellung weiter als Rivian und Lucid. Li lieferte im vierten Quartal 46.319 Fahrzeuge aus, Nio 40.052. Rivian und Lucid erreichten dagegen nur jeweils 8.054 und 1.932 Stück.

Li wird nach eigenen Angaben in diesem Quartal 52.000 bis 55.000 Fahrzeuge ausliefern. Im Vergleich zu ihren US-Konkurrenten sind die chinesischen ADRs im Verhältnis zur Zahl der von ihnen hergestellten Fahrzeuge billig. Überraschend ist, dass Li Nio überholt hat und nun an der Spitze der neuen Generation chinesischer Start-ups steht. Li stellt keine reinen Elektrofahrzeuge her, die sich zum technologischen Schwerpunkt anderer Start-ups und der meisten Autohersteller der alten Schule gemausert haben. Stattdessen hat sich das Unternehmen auf Elektrofahrzeuge mit verlängerter Reichweite spezialisiert, die einen Generator nutzen, um die Batterie mithilfe von Benzin aufzuladen.

Li hat im vergangenen Jahr zwei Sport Utility Vehicles mit dieser Technologie auf den Markt gebracht, den L9 und den L8. Der kleinere L7, dessen Auslieferung in dieser Woche beginnt, soll eine Reichweite von etwa 200 km haben, ohne den Generator zu benutzen. Bei längeren Fahrten lässt sich die Reichweite mit einer Tankfüllung auf fast 1.000 km erhöhen. Die Popularität eines Plug-in-Hybrids, wenn auch eines hochmodernen, ist auf dem chinesischen Markt bemerkenswert, der in vielerlei Hinsicht den Übergang zu Elektroautos angeführt hat.

Nach jahrelanger staatlicher Förderung machten reine E-Fahrzeuge im vergangenen Jahr etwa 21% aller im Reich der Mitte verkauften Fahrzeuge aus, so der Datenanbieter EV-Volumes. Das sind viel mehr als in Europa mit 13% oder den USA mit 5,5%. Doch die chinesische Ladeinfrastruktur ist lückenhaft, was zu Reichweitenangst führt. Das Brokerhaus Bernstein erwartet in diesem Jahr ein Wachstum von 65% bei den Verkäufen von Plug-in-Hybriden in China gegenüber einem Plus von 25% bei reinen Elektrofahrzeugen.

In Europa hatten Plug-in-Hybride ein schwieriges Jahr 2022 mit einem Absatzrückgang von 3%. Sie werden oft als Übergangstechnologie abgetan, die lediglich die Lücke zwischen konventionellen Autos und reinen Elektroautos schließen soll. GM, Ford, Volkswagen und andere haben versucht, bei den Elektroautos voranzukommen, indem sie die Hybridtechnologie beiseiteschoben. Der Erfolg von Li in China unterstreicht das Risiko, dass sich dieser Alles-oder-Nichts-Ansatz als kurzsichtig erweist. Jeder Markt wird seinen eigenen Weg gehen, aber es ist plausibel, dass sich das chinesische Muster im Westen wiederholen könnte.

Der erste Ansturm auf E-Fahrzeuge könnte zu einer zweiten Welle von Hybridfahrzeugen führen. Das ist kein Grund, sich vor Investitionen in Elektroautos zu drücken, aber Autohersteller mit einem differenzierteren Ansatz für die Umstellung der Industrie könnten am Ende klüger dastehen, als sie es jetzt sind.

zurück zur Übersicht