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Scholz für Sorgfalt statt Schnellschüssen bei Hilfe für Ukraine

Erscheinungsdatum Website: 17.02.2023 17:50:03
Erscheinungsdatum Publikation: 20.02.2023

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BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts des Krieges in der Ukraine vor Schnellschüssen bei der Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes gewarnt. Er werde auch in Zukunft bei der Lieferung von militärischen Geräten an die Ukraine sorgfältig abwägend vorgehen und das Land so lange wie nötig unterstützen. Waffenlieferungen verlängern nach Ansicht von Scholz hingegen nicht den Krieg, sondern trügen im Gegenteil zur Beendigung bei. Gleichzeitig rief der Bundeskanzler die europäischen Partnerländer dazu auf, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern.

"Wir tun gut daran, alle Konsequenzen unseres Handels sorgfältig abzuwägen und alle wichtigen Schritte eng abzustimmen unter Bündnispartnern. Denn es geht um einen Krieg in unserer Nähe, in Europa - einen gefährlichen Krieg", sagte Scholz laut vorab verbreiteten Redetext für die Münchner Sicherheitskonferenz. "In dieser entscheidenden Frage gilt: Sorgfalt vor Schnellschuss, Zusammenhalt vor Solo-Vorstellung. Und es gilt, unsere Unterstützung von Anfang an so anzulegen, dass wir sie lange durchhalten."

Gleichzeitig betonte er, dass er Verständnis für diejenigen in Deutschland habe, die sich wegen möglicher Konsequenzen der Waffenlieferungen sorgten und die Entscheidungen der Bundesregierung hinterfragten. "Ihnen möchte ich sagen: Nicht unsere Waffenlieferungen sind es, die den Krieg verlängern. Das Gegenteil ist richtig", betonte Scholz. Mit Blick auf die Sorge der Reaktion des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf die westlichen Waffenlieferungen sagte Scholz: "Je früher Präsident Putin einsieht, dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende, auf Rückzug russischer Eroberungstruppen."

Wichtig sei hier auch, dass Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Russen in der Ukraine begehen, dokumentiert und geahndet würden. Gleichzeitig sicherte Scholz zu, er wolle verhindern, dass es nicht zu einem Krieg zwischen der Nato und Russland komme. "Die Balance zwischen bestmöglicher Unterstützung der Ukraine und der Vermeidung einer ungewollten Eskalation werden wir auch weiterhin wahren", versprach Scholz.

Länder sollen Kampfpanzer liefern

Es gehe darum, die Ukraine bei ihrer Verteidigung zu unterstützen. Scholz rief in seiner Rede daher indirekt die europäischen Partnerländer dazu auf, zu ihren Ankündigungen bei der Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine zu stehen. "Dazu gehört, dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies nun auch wirklich tun", sagte Scholz. "Was Deutschland beitragen kann, um unseren Partnern diese Entscheidung zu erleichtern, das werden wir tun: etwa indem wir ukrainische Soldaten hier in Deutschland ausbilden oder bei Nachschub und Logistik unterstützen."

Zuvor hatte sich bereits Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) enttäuscht gezeigt wegen der nicht erfolgten Leopard-Zusagen für die Ukraine. Deutschland will 14 Leopard-2-Panzer in die Ukraine schicken, konkrete Zusagen gibt es noch von Portugal.

Verteidigungsausgaben "dauerhaft" auf 2 Prozent erhöhen

In seiner Rede bekräftige Scholz außerdem Deutschlands Zusage, seine Verteidigungsausgaben "dauerhaft" auf 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu steigern, wie bereits vor Jahren den Nato-Partnerländern versprochen. Innerhalb der Nato gibt es aber bereits Diskussionen, dass diese Quote noch deutlich gesteigert werden sollte.

Mit Blick auf die geplante deutsche Sicherheitsstrategie sagte Scholz, dass für ihn dazu eine Reduktion einseitiger, kritischer Abhängigkeiten dazugehöre. Dazu zählte er strategisch wichtige Rohstoffe oder Zukunftstechnologien. "Für uns Europäerinnen und Europäer - und ich meine letztlich für alle demokratischen, offenen Gesellschaften wie unsere - geht es darum, dass wir insgesamt resilienter werden", sagte Scholz. "Das gelingt nicht durch De-Globalisierung, nicht indem wir der Welt den Rücken zukehren. Dies wäre ein Verrat an unseren eigenen Werten - und auch wirtschaftlich ein Kurzschluss. Sondern das gelingt, indem wir einseitige, riskante Abhängigkeiten beenden - und unsere politischen und wirtschaftlichen Beziehungen breiter und robuster aufstellen."

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz treffen sich bis Sonntag hochrangige Politiker, Militärs und Vertreter der Rüstungsindustrie. Für den Nachmittag wird auch eine Rede von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erwartet.

DJG/aat/apo/20.02.2023

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