Märkte der Welt

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Versorgung wird 30% des weltweiten LNG-Marktes beanspruchen

Erscheinungsdatum Website: 08.02.2023 14:30:03
Erscheinungsdatum Publikation: 09.02.2023

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Infrastruktur ist das Nadelöhr / Kommentar von Justin Thomson, T. Rowe Price

BALTIMORE (NfA)--Die Großhandelspreise für Gas sind im Sommer in die Höhe geschnellt. Dies führte zu umfassenden Vorhersagen über Stromausfälle, Rationierungen und Menschen, die in ihren Häusern frieren. Seitdem sind die Preise zurückgegangen, da sich gezeigt hat, dass die meisten europäischen Länder ihre Gasspeicher vor dem Winter weitgehend gefüllt haben. Es wäre jedoch ein Fehler, anzunehmen, dass die Energiekrise vorbei ist - in vielerlei Hinsicht hat sie gerade erst begonnen.

Die Gasspeicher in Europa sind im Vergleich zu den Vorjahren gut gefüllt und ausgehend von der derzeitigen Nachfrage dürfte der Kontinent im Frühjahr 2023 noch über 30 bis 50 Mrd cbm Speicher verfügen - eine weitaus bessere Position, als man sich noch vor wenigen Monaten vorstellen konnte. Dies bedeutet, dass Europa in diesem Winter wahrscheinlich nicht mit einer größeren Energiekrise konfrontiert sein wird, es sei denn, es kommt zu einer Nachfragespitze aufgrund des kalten Wetters oder einer Umkehrung der Nachfragevernichtungsmuster.

Für eine Siegeserklärung im Energiekrieg ist es jedoch noch viel zu früh. Obwohl Putins Versuch, Europas Abhängigkeit von russischem Gas als Erpressungsinstrument zu nutzen, gescheitert ist, steht Europa immer noch vor der großen Herausforderung, seinen Energiebedarf im Winter 2023 bis 2024 und darüber hinaus zu decken. Die Zeit, in der Russland als Hauptlieferant des europäischen Energiebedarfs fungierte, ist vorbei - es gibt keinen Weg zurück zum Status quo vor dem Ukraine Krieg. Russland hätte seine Nord-Stream-Pipelines nach Deutschland nicht sabotiert, wenn es erwägen würde, wieder Gas nach Europa zu liefern - und selbst wenn es so wäre, gibt es in Europa kein Interesse daran, wieder von russischer Energie abhängig zu werden. Europas künftiger Energiebedarf wird auf andere Weise gedeckt werden müssen.

Die Abkehr von der russischen Energie wird jedoch nicht einfach sein. Trotz des Rückgangs der Energieeinfuhren aus Russland seit der Invasion entfallen immer noch mehr als 40% der europäischen Gasvorräte für diesen Winter auf Russland. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn Europa im nächsten Frühjahr noch über 50 Mrd cbm Gasvorräte verfügt, muss es erneut eine sehr große Menge LNG anziehen, um die Zeit bis zum Frühjahr 2024 sicher zu überbrücken. Bei der derzeitigen Nachfrage würde dies bedeuten, dass Europa 30% des weltweiten LNG-Marktes beziehungsweise 35% des weltweiten Spotmarktes an sich ziehen müsste, wenn man die bereits vertraglich vereinbarten Mengen herausrechnet.

Dies könnte eine große Aufgabe sein. Die LNG-Importe aus den USA nach Europa sind in diesem Jahr um 12% gestiegen, aber diese Wachstumsrate kann nicht aufrechterhalten werden, da die Produktions- und Exportkapazitäten in den USA derzeit am Maximum sind. Selbst wenn mehr US-Exporte verfügbar wären, gibt es in Europa derzeit nur begrenzte Kapazitäten für die Verarbeitung von LNG-Importen. Es gibt zwar Pläne für den Bau einer neuen Verarbeitungsinfrastruktur in Europa, doch wird dies wahrscheinlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

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