Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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China: Globale Wirtschaft wird den Bevölkerungsschwund spüren
Erscheinungsdatum Website: 19.01.2023 15:15:32
Erscheinungsdatum Publikation: 20.01.2023
Lieferketten könnten sich neu sortieren / Von Adam Clark
BARCELONA (Dow Jones)--Chinas Bevölkerung ist im vergangenen Jahr geschrumpft und die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erreicht einen Wendepunkt: Das wirtschaftliche Wachstum dürfte sich verlangsamen, und die globalen Lieferketten könnten sich neu sortieren.
Chinas Bevölkerung sank von 1,413 Mrd im Jahr 2021 auf 1,412 Mrd im Jahr 2022, wie das Nationale Statistikamt des Landes mitteilte. Nach Angaben der Weltbank schrumpft sie damit zum ersten Mal seit den frühen 1960er-Jahren, als das Land unter Mao Zedong unter einer großen Hungersnot litt.
Den jüngsten Daten zufolge leben in China derzeit rund 876 Mio Menschen im erwerbsfähigen Alter, was 62% der Gesamtbevölkerung entspricht. Da dieser Anteil kleiner wird, weil die Zahl der älteren Menschen zunimmt, wird der Wettbewerb um Arbeitskräfte die Lohnkosten in die Höhe treiben. Das beeinträchtigt die Volksrepublik in ihrer Rolle als Motor des globalen Wirtschaftswachstums, es sei denn, das Land kann den Negativeffekt durch verstärkte Produktivität ausgleichen.
Die älteren und damit teureren Arbeitskräfte dürften globalen Unternehmen mit großen Produktionsstandorten in China, wie Apple und Tesla, ein zusätzlicher Anreiz sein, für künftige neue Werke auf andere Länder auszuweichen. Indien und Vietnam gehören zu jenen, die womöglich profitieren werden.
Der demografische Wandel dürfte überdies eine Neuausrichtung der chinesischen Binnenwirtschaft erzwingen. Eine kleinere, ältere Bevölkerung benötigt weniger Wohnraum - eine Belastung für den enormen Immobiliensektor des Landes - dafür aber vermehrt Investitionen in soziale Dienste.
"Chinas Ausgaben für das Gesundheitswesen liegen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung immer noch hinter denen der EU, von Japan und der USA zurück", schreiben die Analysten von Allianz Global Investors in einer Studie. "Höhere Investitionen müssen Priorität haben, denn der Druck auf das Gesundheitssystem wird zunehmen, da 398 Mio Menschen - fast 30% der chinesischen Bevölkerung - im Jahr 2060 rund 65 Jahre oder älter sein werden." Die Geburtenrate im Reich der Mitte lag im vergangenen Jahr bei 6,77 pro 1.000 Einwohner, gegenüber 7,52 im Jahr 2021. Der Rückgang ist zumindest teilweise der Corona-Pandemie und den Bemühungen Beijings geschuldet, die Virusverbreitung durch Lockdown-Maßnahmen zu unterdrücken.
Erkenntnisse aus Japan lassen nicht vermuten, dass die Bemühungen der chinesischen Regierung, das Bevölkerungswachstum durch eine Erhöhung der Geburtenrate wieder anzukurbeln, große Wirkung haben wird. Seit 2021 ist es Ehepaaren in China erlaubt, drei Kinder zu bekommen. In Japan hat die Regierung eine Reihe von Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate ergriffen, doch den stetigen Bevölkerungsrückgang seit 2010 hat dies nicht aufgehalten.