Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Lindner: Schuldenstand wird nach "Energiekrieg" bei etwa 70% liegen

Erscheinungsdatum Website: 28.11.2022 18:25:02
Erscheinungsdatum Publikation: 29.11.2022

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BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht die deutsche Schuldenquote nach dem gegenwärtigen "Energiekrieg" gemessen an der Wirtschaftsleistung "etwa bei 70 Prozent". Dazu brauche man "nicht viel Fantasie", sagte Lindner beim Steuerforum des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin. "Natürlich haben wir jetzt stark gestiegene Lasten und auch eine steigende Schuldenquote", hob er hervor. Dies sei aber im internationalen Vergleich immer noch Ausdruck tragfähiger öffentlicher Finanzen.

"Ziel muss sein, Ende dieses, Anfang nächsten Jahrzehnts wieder das Maastricht-Ziel in den Blick zu nehmen", hob Lindner hervor. "Wer aber glaubt, das kann erreicht werden durch Erhöhung der Steuerlast, der irrt", kritisierte Lindner jüngste Vorschläge unter anderem der Wirtschaftsweisen. Vielmehr müsse die Neuverschuldung verringert werden. "Beginnend mit 2024 muss das Defizit in schnellen Schritten reduziert werden", betonte der Finanzminister. "Das ist der eine Teil des Bruchs, der andere ist die Wachstumsdynamik."

Es werde aber kein zusätzliches Wachstum geben, wenn man an der Steuerschraube drehe. "Mit dieser Koalition und diesem Finanzminister wird es keine Steuererhöhung geben", bekräftigte Lindner deshalb. Voraussichtlich 2024 solle es vielmehr eine bereits angekündigte "Superabschreibung" geben, die wegen der Inflationsentwicklung aufgeschoben worden war. "Ich hoffe, 2024 sind wir soweit."

Lindner kündigte auch an, er wolle sich die Frage der Thesaurierungsrücklage und Unternehmensrücklage insgesamt ansehen, und sagte angesichts des internationalen Wettbewerbsumfelds eine Debatte über Steuersenkungen voraus. "Wir werden im Laufe der 20er-Jahre wieder eine neue Diskussion führen müssen über die Rolle der Steuerpolitik bei der Stärkung des Standorts Deutschland und seiner globalen Wettbewerbsfähigkeit." Er sei fest überzeugt, dass sich im Laufe der 20er-Jahre die Vorzeichen verändern würden, auch wenn derzeit über Erhöhungen diskutiert werde. Lindner betonte, auch über eine große Steuerreform denke er weiter nach, auch wenn dies derzeit nicht mehrheitsfähig sei. "Wenn die Mehrheiten dafür da sind, dann müssen wir politisch-konzeptionell vorbereitet sein", erklärte der FDP-Vorsitzende.

ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer kritisierte seinerseits ebenfalls die Rufe nach Steuererhöhungen scharf. "Viele machen es sich einfach und fordern eine Vermögenssteuer, fordern die Erhöhung der Einkommenssteuer, die Einführung eines Energie-Solis oder lehnen Entlastungen bei der kalten Progression ab", sagte er. "Aber es kann nicht sein, dass viele unserer Betriebe ums Überleben kämpfen und man ihnen trotzdem noch mehr Lasten auferlegen will." Einige in der Politik und auch in der Wirtschaftswissenschaft hätten immer noch nicht verstanden, "was da auf dem Spiel steht". Er drang auf eine schnelle Einführung der Superabschreibung und forderte ein Überdenken von Energiesteuersätzen.

DJG/ank/mgo

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