Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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Welt: Lithium: Große Potenzial trifft auf begrenztes Angebot
Erscheinungsdatum Website: 18.11.2022 15:45:03
Erscheinungsdatum Publikation: 21.11.2022
Förderprojekte in Europa mit Unsicherheit behaftet
MAINZ (NfA)--Im Zuge der Umstellung auf Elektrofahrzeuge gewinnt Lithium als strategischer Rohstoff zunehmend an Bedeutung. Wie bei Kupfer und einer Reihe anderer Erze hängen Produktion und Nachfrage nach dem Leichtmetall weitgehend von makroökonomischen Trends und globalen Wachstumschancen ab. Während die meisten Metallpreise seit dem Frühsommer gesunken sind, hält sich der Preis für Lithium hingegen auf hohem Niveau. Dies geht aus einer Analyse des Kreditversicherers Coface hervor.
Im „Lithiumdreieck? zwischen Argentinien, Bolivien und Chile befinden sich 58% der weltweiten Lithiumvorkommen - dies entspricht einer deutlich höheren geografischen Konzentration als bei anderen Basismetallen. Zum Vergleich: Auf immerhin
13 Länder entfallen 75% der weltweit bekannten Kupferreserven. Darüber hinaus ist die weltweite Lithiumproduktion ebenfalls sehr konzentriert und wird vom Dreigestirn Australien, Chile und China dominiert, auf das im Jahr 2021 90% der weltweiten Produktion entfielen. Hier zeigt sich, dass das geografische Vorkommen und die tatsächliche Förderung des Metalls deutlich auseinanderliegen. Die nachgelagerte Wertschöpfungskette ist noch stärker konzentriert: 2021 raffinierte die Volksrepublik 60% des weltweiten Lithiums. Es stellte 77% der weltweiten Produktionskapazität für Batteriezellen dar und war für 60% der weltweiten Herstellung von Batteriekomponenten verantwortlich.
Die hohe Volatilität am Rohstoffmarkt - insbesondere bei Metallen -, die unter anderem von Unsicherheiten im chinesischen Immobilienmarkt herrührt, könnte sich auf die Entwicklung der Lithiumpreise auswirken. Ein weiterer Aspekt für Volatilität im Markt sind veränderte Strategien für Bergbauunternehmen. Sie könnten sich mehr auf den Umsatz über höhere Preise konzentrieren als durch ein höheres Produktionsvolumen.
Obwohl der Lithiummarkt theoretisch von makroökonomischen Trends abhängt und sich die chinesische Wirtschaft auf einer - für ihre Verhältnisse - Talfahrt befindet, könnte hier die Produktion sogar ausgeweitet werden. Dabei spielen wirtschaftsstrategische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle. Nachdem Europa begonnen hat, seine eigene Produktion zu entwickeln, wird die Regierung in Beijing selbst bei einer geringeren Nachfrage die Produktion und damit das weltweite Angebot mit Finanzspritzen und Subventionen pushen, um den bestehenden Wettbewerbsvorteil im Bereich der Lithium-Ionen-Batterie aufrechtzuerhalten.
Schließlich besteht große Unsicherheit über die Zukunft des Sektors in Europa. Das Verbot des Verkaufs von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 basiert auf unausgereiften Industrialisierungsprogrammen wie Abbauprojekten und Gigafactorys. Die Bergbauvorhaben in Europa könnten unter anderem wegen Umweltbedenken stark umstritten sein und eine rasche Umsetzung verhindern. Mittelfristig bedeutet dies, dass die Anfälligkeit für Krisen in der Lieferkette - einschließlich der Logistik - zwischen den Minen und den Batterieherstellern zunehmen wird.