Märkte der Welt

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Exportmaschinerie gerät ins Stottern

Erscheinungsdatum Website: 05.10.2022 15:05:05
Erscheinungsdatum Publikation: 06.10.2022

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Verbrauchervertrauen in den USA und Europa rückläufig / Von Nathaniel Taplin

BEIJING (Dow Jones)--Chinas Exportmotor verliert an Fahrt. Das ist sowohl für die Wirtschaft als auch für die Währung der Volksrepublik eine schlechte Nachricht. Die aktuell veröffentlichten chinesischen Einkaufsmanagerindizes (PMI) für September fielen durchwachsen aus. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe legte unerwartet auf 50,1 Zähler zu und lag damit zum ersten Mal seit Juni wieder über der 50-Punkte-Marke, die Expansion und Kontraktion voneinander trennt.

Derweil fiel der Index für den Dienstleistungssektor jedoch zum ersten Mal seit Mai, als der rigide Lockdown Shanghais seinen Höhepunkt erreichte, wieder in die Kontraktion. Und was aus Sicht Beijings vielleicht am meisten Anlass zur Sorge gibt: Sowohl der offizielle als auch der Caixin-Index für das Verarbeitende Gewerbe weisen auf eine Verschärfung des Rückgangs bei neuen Exportaufträgen hin.

Die Schwäche des Dienstleistungssektors ist unerwünscht, kommt aber nicht unerwartet. Sie ist zum großen Teil den Lockdowns zur Bekämpfung des Omikron-Ausbruchs im Spätsommer geschuldet. So erreichte die Zahl der neuen Corona-Infektionen Ende August einen Höchststand von 3.000 pro Tag und ist nun nach offiziellen Angaben auf etwa ein Drittel davon zurückgegangen. Nach dem Parteitag der Kommunistischen Partei in Beijing Mitte Oktober dürften die Behörden ihren Zugriff etwas lockern, obwohl kälteres Wetter auch eine neue Runde von Infektionen bringen könnte.

Besorgniserregender ist die Schwäche der Exporte, denn dieser Sektor war im vergangenen Jahr einer der wenigen Lichtblicke in China - und eine wichtige Quelle für Arbeitsplätze. Das machte Schwächen auf dem Wohnungsmarkt und im Dienstleistungssektor zum Teil wieder wett. Die Beschäftigung in der Industrie ist im Gegensatz zu den Dienstleistungen 2020 und 2021 zum ersten Mal seit 2012 gestiegen, was zu einem großen Teil auf den Exportboom zurückzuführen ist. Dabei trugen die Nettoausfuhren von Waren und Dienstleistungen in den Jahren 2020 und 2021 25 beziehungsweise 21% zum chinesischen Wirtschaftswachstum bei - die höchsten Werte seit 1997. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres machten die Nettoexporte mit 36% sogar noch mehr des Wachstums aus.

Da das Verbrauchervertrauen sowohl in Europa als auch in den USA stark rückläufig ist, sehen die Aussichten für Chinas Exporte nicht gerade rosig aus. Dies wird eine nachhaltige Erholung des Yuan - der Ende der vergangenen Woche zulegte, nachdem er zuvor den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt erreicht hatte - für Beijing sowohl schwieriger als auch riskanter machen. Chinas Exportboom hat das Land in den vergangenen zwei Jahren durch einige sehr schwierige Zeiten getragen. Aber er hat auch die Abhängigkeit der Volksrepublik vom Rest der Welt erhöht - eine Tatsache, die in Beijing, das zunehmend auf Eigenständigkeit bedacht ist, nicht unbedingt willkommen ist. Was auch immer geschieht - der weltgrößte Produzent kann nur bis zu einem gewissen Grad auf sich selbst vertrauen. Das gilt vor allem, solange die heimische Wirtschaft immer noch damit zu kämpfen hat, sich von tiefen, selbst zugefügten Wunden zu erholen.

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