Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Fed hebt Zins um 75 Basispunkte an - weitere Schritte erwartet

Erscheinungsdatum Website: 22.09.2022 00:55:02
Erscheinungsdatum Publikation: 22.09.2022

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WASHINGTON (Dow Jones)--Die US-Notenbank hat ihre Geldpolitik wie erwartet deutlich gestrafft und rechnet für die nächsten beiden Jahre mit einer stärkeren Straffung als bisher - und mit keiner Rezession. Fed-Chairman Powell sagte allerdings: "Ich weiß nicht, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Rezession ist." Der Offenmarktausschuss FOMC beschloss eine Anhebung des Zielsatzes für Fed Funds um 75 Basispunkte auf eine Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent, wie die Federal Reserve mitteilte. Das entsprach den Prognosen der vom Wall Street Journal befragten Analysten und auch den Markterwartungen. Der Beschluss fiel einstimmig.

Powell machte deutlich, dass die Fed bei der Straffung ihrer Politik weiterhin Tempo machen will, wenngleich konkrete Beschlüsse nur von Sitzung zu Sitzung gefasst würden. Auf die Frage nach dem Zinskurs im Rest des Jahres sagte er, dass die FOMC-Projektionen Zinserhöhungen in diesem Jahr von 125 Basispunkten nahelegten. "Es gibt aber auch eine große Gruppe, die 100 Basispunkte für ausreichend hält", fügte er hinzu. Die Geldpolitik müsse jedoch restriktiv werden, und das rasch.

FOMC sieht Leitzins am Jahresende bei 4,4 Prozent

Wie aus den Prognosen des FOMC hervor geht, rechnen dessen Mitglieder (Prognose-Median) nun damit, dass der Leitzins Ende dieses Jahres bei 4,4 (Juni-Prognose: 3,4) Prozent liegen wird, Ende 2023 bei 4,6 (3,8), Ende 2024 bei 3,9 (3,4) und Ende 2025 bei 2,9 Prozent. Langfristig sehen die FOMC-Mitglieder den Zins weiterhin bei 2,5 (2,5) Prozent. "Der Ausschuss erwartet ... dass eine kontinuierliche Erhöhung der Zielspanne angemessen ist", heißt es in dem Beschluss.

Für das Wirtschaftswachstum werden Raten von 0,2 (1,7), 1,2 (1,7), 1,7 (1,9), 1,8 und 1,8 (1,8) Prozent erwartet. Die Inflation (PCE-Deflator) sehen sie bei 5,4 (5,2), 2,8 (2,6), 2,3 (2,2), 2,0 und 2,0 (2,0) Prozent. Die FOMC-Mitglieder rechnen zudem damit, dass die Arbeitslosigkeit zunehmen wird. Ihre Prognosen für die Arbeitslosenquote hoben sie auf 3,8 (3,7), 4,4 (3,9), 4,4 (4,1), 4,3 und 4,0 (4,0) Prozent an.

In ihrem Statement erklärten die Notenbanker, dass Indikatoren auf ein moderates Wachstum der Konsumausgaben und der Produktion hindeuteten. Die Beschäftigungszuwächse seien in den vergangenen Monaten robust und die Arbeitslosenquote niedrig geblieben. "Die Inflation ist nach wie vor hoch und spiegelt das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage im Zusammenhang mit der Pandemie, höhere Lebensmittel- und Energiepreise sowie einen allgemeinen Preisdruck wider."

Powell: Wir brauchen einen schwächeren Arbeitsmarkt

Nach Powells Aussage ist die Wirtschaft weiterhin sehr stark und der Arbeitsmarkt von einer zu starken Nachfrage bei zu geringem Angebot an Arbeitskräften gekennzeichnet. "Wir brauchen schwächere Arbeitsmarktkonditionen", sagte er. Powell verwies auf erste Anzeichen in dieser Richtung, zum Beispiel bei den Stellenangeboten. Die Zinsen müssten für längere Zeit restriktiv bleiben und die Wachstumsraten für längere Zeit unterhalb des Trendniveaus.

LBBW-Volkswirt Elmar Völker rechnet für den Rest des Jahres mit Zinserhöhungen von 1,25 Prozentpunkten - "und man muss wohl aus heutiger Sicht eher sagen: mindestens", wie er in einem Kommentar schrieb. Implizit signalisierten die Projektionen zwar, dass die Zinsschritte gegen Jahresende etwas kleiner werden könnten, doch habe es in den vergangenen Monaten bei der Inflation stets Überraschungen auf der Oberseite gegeben. Und Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner meinte: "Damit dürfte wohl auch der nächste Schritt ein 75er sein.

DJG/hab/raz

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