Euro Intern

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Lindner: Kabinett bringt Inflationsausgleichsgesetz und weitere Gesetze auf den Weg
Erscheinungsdatum Website: 16.09.2022 17:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 19.09.2022
BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat eine Reihe von Gesetzentwürfen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf den Weg gebracht, um die Vereinbarungen des Koalitionsausschusses für ein Entlastungspaket umzusetzen. Im Einzelnen beschloss das Kabinett Entwürfe für das Inflationsausgleichsgesetz, zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen und zum Jahressteuergesetz sowie eine Formulierungshilfe für eine Gesetzesänderung zur Unterstützung von Energiefirmen durch die Förderbank KfW, wie Lindner bei einer Pressekonferenz bekanntgab.
"Alleine vier Initiativen aus diesem Haus haben wir heute im Kabinett auf den Weg gebracht", betonte er bei einer Pressekonferenz im Finanzministerium. "Wir setzen alles daran, in dieser schwierigen, krisenhaften Situation die Menschen, die Betriebe zu entlasten." Dies gelte in finanzieller Hinsicht und mit Blick auf ärgerliche Bürokratie. Völlig klar sei, der Staat werde "nicht auf Dauer die hohen Preise kompensieren" und Wohlstand garantieren können. "Aber wir müssen dafür sorgen, dass unser Land gut durch diese Krise kommt und Härten ausgleichen."
Mit dem Inflationsausgleichsgesetz sollen unter anderem die Folgen der kalten Progression bei der Einkommenssteuer ausgeglichen werden. Dies sei ein wirksames und faires Instrument, von dem rund 48 Millionen Menschen profitierten. Zudem werden Familien gezielt steuerlich unterstützt. So werde beispielsweise eine vierköpfige Familie mit einem Jahreseinkommen von rund 56.000 Euro um 680 Euro im Jahr entlastet. "Wir wollen alles tun, dass der Staat von der Inflation nicht noch profitiert", sagte Lindner, der sich erneut für einen künftig automatischen Inflationsausgleich durch einen Tarif auf Rädern aussprach. "Ich werde mich dafür sehr einsetzen", kündigte er an.
Nach der Planung wird der steuerliche Grundfreibetrag angehoben, und die Tarifeckwerte werden nach rechts verschoben. Der steuerliche Kinderfreibetrag soll für die Jahre 2022, 2023 und 2024 entsprechend angepasst werden und das Kindergeld wird für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 237 Euro pro Monat zum 1. Januar 2023 angehoben. Im Herbst soll angesichts dann neuer Daten noch einmal eine Aktualisierung erfolgen.
Umsatzsteuer von 7 Prozent auf Gaslieferungen
Der Gesetzentwurf zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen sieht vor, den Satz auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 auf 7 Prozent zu senken. Die Bundesregierung erwartet laut Finanzministerium, "dass die steuerpflichtigen Unternehmen diese Senkung eins zu eins an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben". Bei einer vollständigen Weitergabe werde eine entsprechende Preissenkung und damit eine spürbare Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger ermöglicht. Da die Gasumlage nur bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz erhoben wird, unterliegen Lieferungen von Gas über andere Vertriebswege wie Tankwagen oder Kartuschen laut den Angaben weiterhin dem regulären Umsatzsteuersatz.
Zudem soll der Spitzenausgleich bei der Strom- und der Energiesteuer um ein weiteres Jahr verlängert werden. Damit würden rund 9.000 energieintensive Unternehmen in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro entlastet. Unternehmen, die von diesem Spitzenausgleich profitieren, sollen laut Lindner aber Maßnahmen ergreifen, um den Verbrauch der Energie zu reduzieren. Durch die Verlängerung werde die Energiepreissteigerung gedämpft, einer weiter zunehmenden Inflation entgegengewirkt und damit die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver und im internationalen Wettbewerb befindlicher Unternehmen in Deutschland weiterhin gewährleistet.
Zum Jahressteuergesetz hob Lindner besonders die darin vorgesehene Vorbereitung eines direkten Auszahlungsweges für künftige öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer, die Entfristung der Homeoffice-Pauschale und steuerliche Erleichterungen für Photovoltaikanlagen hervor. Konkret werde die Homeoffice-Pauschale in Höhe von 5 Euro pro Tag dauerhaft entfristet und der maximale Abzugsbetrag von 600 Euro auf 1.000 Euro pro Jahr angehoben. Zudem werde bei einem häuslichen Arbeitszimmer stärker pauschaliert. Die Neuregelung entlaste die Bürger dauerhaft jährlich um zusätzlich 1,4 Milliarden Euro.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sollen zudem steuerliche und bürokratische Hürden bei der Installation und dem Betrieb von Photovoltaikanlagen abgebaut werden. Es wird demnach eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien respektive 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden eingeführt. Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern soll in Zukunft ein Nullsteuersatz gelten.
Auch Sparer-Pauschbetrag steigt
Weitere Maßnahmen des Jahressteuergesetzes sind unter anderem eine Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und damit eine Verkürzung des Abschreibungszeitraums von bisher 50 auf 33 Jahre. So werde ein Beitrag zur Unterstützung einer klimagerechten Neubauoffensive geleistet. Auch soll der bisher erst für das Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen bereits auf das Jahr 2023 vorgezogen. Der Sparer-Pauschbetrag wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und von 1.602 Euro auf 2.000 Euro für Ehegatten oder Lebenspartner erhöht.
Laut Lindner beschloss das Kabinett zudem eine Formulierungshilfe, mit der der KfW eine Unterstützung von Energie- und Energiehandelsunternehmen erleichtert werden soll. Der Bund will dafür nach vorherigen Angaben aus dem Finanzministerium bereits geschaffene Kreditermächtigungen für das Sondervermögen WSF nun für der KfW zugewiesene Unterstützungsmaßnahmen an Energieversorger nutzen. Dafür sei "eine minimalinvasive Maßnahme im entsprechenden Gesetz über den WSF nötig", sagte Lindner. Der Beschluss eines bereits im Parlament befindlichen Gesetzes, an das diese Regelung angeschlossen wird, soll laut Lindner Anfang Oktober erfolgen.
Mit Blick auf von der Regierung geplante weitere Unternehmenshilfen besonders für mittelständische Unternehmen betonte der Finanzminister, bei diesen könne es "keine Analogie zur Corona-Pandemie geben", in der man auf ganz breitflächige Instrumente gesetzt habe. "Wir haben jetzt eine andere Situation", betonte Lindner. "Es geht jetzt nicht darum, die Nachfrage zu stärken." Vielmehr müsse verhindert werden, dass es zu einer weiteren Verknappung der Nachfrage und Strukturbrüchen komme.
DJG/ank/mgo/19.09.2022