Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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"Nachrichten für Außenhandel (NfA)" – die einzige deutschsprachige Tageszeitung für die gesamte Außenwirtschaft bietet einen schnellen und strukturierten Überblick über die wichtigsten Entwicklungen auf den internationalen Wachstumsmärkten.

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Europa: Beziehungen zu China sollten überdacht werden

Erscheinungsdatum Website: 10.08.2022 15:35:03
Erscheinungsdatum Publikation: 11.08.2022

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Beijing könnte Asymmetrien öfter ausnutzen

FRANKFURT (NfA)--Nach einer langen Zeit der Unsicherheit haben Brüssel und Beijing kurz vor der Sommerpause wieder einen Wirtschafts- und Handelsdialog auf hoher Ebene aufgenommen. Es ist gut für beide Seiten, dass sie sich einen gewissen Spielraum für Gespräche bewahrt haben - und für die Europäische Union, dass sie auch einige Zugeständnisse machen konnte, so Mikko Huotari (MERICS) und Sébastien Jean (Conservatoire National des Arts et Métiers) in einem Beitrag für ?Politico?.

Die rekordverdächtigen Handelsströme und die anhaltende Expansion europäischer Unternehmen in der Volksrepublik verbergen tiefe Gräben und sich verändernde Muster in den Beziehungen zwischen der EU und China: Indem das Reich der Mitte als Reaktion auf die Eröffnung eines Taiwan-Büros in Litauen Druck auf europäische Firmen ausübt, untergräbt es die Integrität des Binnenmarktes und der gemeinsamen Handelspolitik - indem es Parlamentarier, Akademiker und Forschungsinstitute wegen angeblicher ?Fehlinformationen? sanktioniert, stellt es sich bewusst gegen die demokratischen Werte Europas - und indem es trotz des Angriffskriegs in der Ukraine eine strategische Partnerschaft mit Moskau proklamiert und heftige Drohgebärden in Richtung Taiwan aussendet, trifft es sicherheitspolitische Entscheidungen, die denen der EU zuwiderlaufen. In der Zwischenzeit machen eine sich verlangsamende Wirtschaft und eine restriktivere Herangehensweise an die globale Integration im eigenen Land Beijing zu einem weitaus weniger verlässlichen Partner.

Dies wird in den kommenden Jahren von noch größerer Bedeutung sein. 2021 war China mit einem Anteil von über 10% der Exporte und mehr als 22% der Importe erneut der wichtigste Partner der EU im Warenhandel. Doch trotz der Unsicherheit, auf die die europäischen Wirtschaftsverbände regelmäßig hinweisen, fließen die europäisch-chinesischen Direktinvestitionen weiter, die deutsche Automobil- und Chemieindustrie scheint ihre Präsenz in China noch weiter zu vertiefen. Auch die chinesischen Investitionen in Europa kehren langsam zurück - diesmal mit einer deutlichen Verlagerung auf Investitionen auf der grünen Wiese.

Weder für die europäische Wirtschaft noch für die Anpassung der EU ist dieser Weg gut. Die Handelsbeziehungen sind zunehmend unausgewogen, und die unterschiedlichen Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Mitgliedsländern machen die europäische Einheit zu einem schwer erreichbaren Ziel. Auch China baut eine starke Position in wichtigen Zukunftsbranchen auf und holt trotz aller Schwächen in seiner Wirtschaftsstruktur in den Hochtechnologiesektoren rasch auf.

Die Geschäftsbeziehungen zum Reich der Mitte werden zunehmend politisiert, und es besteht ein wachsendes Risiko, dass Beijing Asymmetrien öfter ausnutzt. China ist nicht Russland. Aber Russlands Krieg in der Ukraine ist ein Weckruf, und er sollte Konsequenzen für die Beziehungen zwischen der EU und der Volksrepublik haben.

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