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G20/Berlin besorgt über engeres Zusammenrücken von Russland, China

Erscheinungsdatum Website: 15.07.2022 18:55:02
Erscheinungsdatum Publikation: 18.07.2022

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BERLIN (Dow Jones)--Das Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Bali wird wohl von Differenzen in der Ukraine-Frage und einem möglichen Zusammenrücken von China und Russland überschattet. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen zeichnet sich im Vorfeld eine engere Zusammenarbeit der beiden Länder ab, was aus deutscher Sicht besorgniserregend sei. Dies mache eine Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine noch schwerer. Russland wiederum bemühe sich, die Kausalität der aktuellen Probleme in der Wirtschaft und bei der Nahrungsmittelversorgung umzukehren und dafür die Sanktionen der westlichen Länder verantwortlich zu machen.

Ein hochrangiger Beamter des Bundesfinanzministeriums sprach vor G20-Treffen in Bali am Freitag und Samstag zudem ein Lob an die Bemühungen der indonesischen G20-Präsidentschaft aus, hier die Differenzen zu überbrücken und sich auf ein gemeinsames Kommunique der G20-Länder zu einigen. Ob diese gelinge, zumindest in technischen Fragen, sei allerdings offen. "Hier strampeln die Indonesier ganz kräftig, weil natürlich erkennbar ist, dass wir hier völlig auseinandergehende Interessen haben", sagte der Regierungsbeamte, der nicht namentlich genannt werden wollte. "Sie versuchen, den Laden zusammenzuhalten."

Man habe Informationen aus den Vorbereitungen in Bali erhalten, wonach man klar erkennen könne, "dass offensichtlich China und Russland enger zusammenrücken als wir das in den letzten Meetings beobachten konnten", so der Beamte. Dies sei eine Information, die "uns auch besorgt". Man werde am Ende des Treffens sehen, ob sich dies auch wirklich zeige. "Aber das bedeutet faktisch, dass es dann noch schwerer wird für die Indonesier, ein Kommunique gemeinsam einstimmig zu verabschieden", so der Beamte.

Russland will schwerpunktmäßig über Sanktionen reden

Abgesehen von der China-Russland-Frage sei auch das Kernthema des G20 kontrovers, welches Russland thematisieren. "Erkennbar ist, dass die Russen immer stärker das Thema Sanktionen auf die gleiche Ebene heben wollen, also die Kausalitiät quasi umdrehen und sagen, eigentlich sind die Sanktionen das Kernthema und das Kernproblem nicht unsere Intervention, wie sie das dann formulieren würden", so der Beamte mit Blick auf den russischen Angriffskrieg. Daher gebe es bei dem Treffen mit "100-prozentiger Wahrscheinlichkeit großen Diskussionsbedarf".

Exitstrategie und nachhaltige Finanzen auf der Agenda

Die indonesische G20-Präsidentschaft hat sechs Prioritäten auf die Tagesordnung des Treffens gehoben. Gesprochen werden soll über Exitstrategien zur Unterstützung der Erholung, die Bekämpfung schädigender Nachwirkungen der Krise, Zahlungssysteme im digitalen Zeitalter, nachhaltige Finanzen, digitale finanzielle Inklusion sowie internationale Besteuerung. Es wird auch damit gerechnet, dass die Verschuldung vieler Länder ein Thema wird. Anders als noch beim G20-Treffen am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds im April ist es laut dem Beamten wohl nicht zu erwarten, dass mehrere Teilnehmer erneut den Saal verlassen, wenn der russische Vertreter das Wort ergreift.

DJG/aat/cbr/18.07.2022

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