Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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EZB: Importierte Inflation nimmt zu - Lagarde verweist auf Euro-Schwäche
Erscheinungsdatum Website: 21.06.2022 19:10:33
Erscheinungsdatum Publikation: 22.06.2022
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Beitrag importierter Waren am Anstieg der Euroraum-Verbraucherpreise hat nach einem von der Europäischen Zentralbank (EZB) veröffentlichten Bericht in den vergangenen Jahren zugenommen. Demzufolge hatten im Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) Posten mit einem Importanteil von unter 18 Prozent 2010 noch 40 Prozent Gewicht, 2017 waren es nur noch 35 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte am Vortag die Bereitschaft der EZB angedeutet, der Euro-Schwäche, die den Inflationsimport verstärkt, am Devisenmarkt entgegenzuwirken.
"Der Limi-Inflationsindikator deutet darauf hin, dass die hohen Inflationsraten der letzten Zeit vor allem importiert wurden und globale Angebots- und Nachfrageschocks widerspiegeln, die sich zunehmend über die Importpreise auf die Wirtschaft des Euroraums auswirken", heißt es in dem Bericht unter Verweis auf einen neuen Inflationsindikator, den "Low Import Intensity" (LIMI) Inflation indicator".
Die Autoren der Studie haben diesen Indikator entworfen, um zu ermitteln, wie viel von der Euroraum-Inflation tatsächlich im Euroraum selbst entsteht. Das Ergebnis lautet ein Kurzform: Seit Mitte 2021 nimmt die binnenwirtschaftlich entstehende Inflation zwar zu, aber zuvor hat die Rolle der importierten Inflation deutlich zugenommen.
Diese Erkenntnis ist für die EZB durchaus relevant: Das Konzept der inländischen Inflation sei für die Geldpolitik von analytischer Bedeutung, da es eine wichtige Rolle im geldpolitischen Transmissionsmechanismus spiele, heißt es in dem Bericht. Zinserhöhungen sind bei angebotsseitigen Schocks weniger wirksam als bei nachfrageseitigen.
Im Zuge der Corona-Pandemie - und verschärft seit dem russischen Überfalls auf die Ukraine - ist es zu einem starken Anstieg der Energiepreise gekommen, zu dem sich später ein deutlicher Anstieg der Nahrungsmittelpreise gesellte. Vor allem bei Energie ist der Importanteil sehr hoch.
Dass die EZB eher vorsichtig auf die hohe Inflation reagiert, führt zusammen mit anderen Faktoren zu einer hohen Zinsdifferenz zwischen Euro und Dollar und einer deutlichen Euro-Abwertung, die die importierte Inflations verstärkt.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde deutete am Montag in ihrer Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments die Bereitschaft der EZB an, zugunsten des Euro auf dem Devisenmarkt zu intervenieren. Sie sprach von "Spillover-Effekten" durch die Geldpolitik der Fed, denen die EZB "in diesem speziellen Markt entgegenwirken" müsse. Sie verwies darauf, dass der Euro in den vergangenen zwölf Monaten gegenüber dem Dollar um 8 Prozent abgewertet habe.
DJG/hab/apo