Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.
Bankenverband BdB gegen Kapitalunterlegung langfristiger Klimarisiken
Erscheinungsdatum Website: 20.06.2022 17:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 21.06.2022
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat davor gewarnt, von Banken zusätzliches Eigenkapital für die Hinterlegung langfristiger Klimarisiken zu fordern. Im Vorfeld der Veröffentlichung der EZB-Klimastresstestergebnisse lobte der BdB ausdrücklich die Zusage der Europäischen Zentralbank (EZB), aus den Ergebnissen keine Eigenkapitalanforderungen abzuleiten. Und er äußerte die Erwartung, dass es dabei auch bleibt.
Der BdB geht davon aus, dass der Stresstest "im Durchschnitt unauffällige rechnerische Verluste" zu Tage fördern wird, wobei mit regionalen Unterschieden gerechnet wird. "Es kommt weniger auf einen Solvenzschutz der Banken als vielmehr darauf an, dass die Institute ihr Geschäftsmodell zukunftsgerichtet umsetzen - Rufe nach mehr Kapital wären der falsche Weg", sagte Torsten Jäger, beim BdB für Nachhaltigkeit zuständig, in einer Pressekonferenz.
BdB-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig erinnerte daran, dass die EZB den aktuellen Stresstest, dessen Ergebnisse sie am 8. Juli in aggregierter Form veröffentlichen will, als Lernübung angelegt habe, aus der sie keine Eigenkapitalanforderungen ableiten werde.
Die Institute können bei dem Test nicht "durchfallen", er soll nur zeigen, wie vorbereitet sie auf finanzielle und wirtschaftliche Schocks sind, die sich aus dem Klimawandel ergeben können. Allerdings fließen die Ergebnisse in den laufenden Aufsichtsprozess (Srep) ein. Es werden drei Szenarien durchgespielt: der geordnete Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, ein ungeordneter (zu später) Übergang und das so genannte "Hot-House"-Szenario.
Ossig zufolge wird der Stresstest im Durchschnitt keine beunruhigenden Ergebnisse bringen, was er aus Gesprächen mit Banken in ganz Europa sowie den Ergebnissen des Tests der Bank of England schließe. "Von der Materialität dessen, was der Stresstests zeigen wird, ist es wichtig, dass daraus keine Finanzkrise abgeleitet werden kann", sagte er.
Dem BdB gefällt vor allem der Gedanke nicht, dass die Bankaufseher aus langfristigen Simulationen Eigenkapitalanforderungen ableiten könnten. Banken seien zwar in der Lage, sich im kurzfristigen Bereich von bis zu sieben Jahren im Rahmen des Kreditvergabeprozesses Gedanken über diese Risiken zu machen, aber nicht mit einem Horizont von 30 Jahren, sagte Jäger.
Mit Blick auf das gerade in Brüssel in Verhandlung befindliche "Bankenpaket" und seinen Vorgaben zu den Themen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) - abgekürzt ESG -, fordert Jäger: "Wir sollten das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. ESG-Risiken müssen berücksichtigt werden, aber wir wollen am Ende auch Ergebnisse, mit denen wir etwas anfangen können."
DJG/hab/smh