Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.

Die Woche nach den Zentralbank-Schocks

Erscheinungsdatum Website: 17.06.2022 16:30:03
Erscheinungsdatum Publikation: 20.06.2022

zurück zur Übersicht

FRANKFURT (Dow Jones)--Die geldpolitischen Maßnahmen und Ankündigungen der vergangenen Woche haben den weltweiten Finanzmärkten einen Schock versetzt. Die US-Notenbank sah sich angesichts eines überraschenden Inflationsanstiegs im Mai gezwungen, ihren Leitzins um 75 Basispunkte anzuheben, was die Marktteilnehmer einen Tag vorher durch einen Bericht des Wall Street Journals signalisiert bekamen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erhöhte ihre Zinsen dagegen mit eidgenössischen Eigensinn völlig unerwartet und auch noch um 50 Basispunkte.

Und die Europäische Zentralbank (EZB) beschloss im Rahmen einer Sondersitzung, Maßnahmen gegen die Ausweitung der Renditeabstände (Spreads) hoch verschuldeter Länder zu ergreifen. Das könnte eine Voraussetzung für einen Zinskurs sein, der etwas aggressiver als der bisher signalisierte ausfällt. An absehbaren geldpolitischen Entscheidungen hat die kommende Woche fast nichts zu bieten - dafür aber einige Konjunkturdaten, die die Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich geldpolitischer Entscheidungen beeinflussen könnten.

PBoC lässt Zinsen für Kredite von Geschäftsbanken unverändert

Aber zunächst zur Geldpolitik: Die People's Bank of China (PBoC) entscheidet am Montag über ihre Sätze für 1- und 5-jährige Kredite von Geschäftsbanken. Nachdem sie zuvor den Satz bei 2,85 Prozent gelassen hat, zu dem Banken sich Geld aus ihrer mittelfristigen Kredit-Fazilität leihen können, erwarten Analysten auch für die oben genannten Zinssätze keine Veränderung - sie dürften also bei 3,70 und 4,45 Prozent bleiben. Die Zinsentscheidung wird um 3.15 Uhr veröffentlicht.

Norges Bank erhöht Leitzins und signalisiert Zinskurs

Am Donnerstag (10.00 Uhr) veröffentlicht die norwegische Zentralbank ihre geldpolitischen Beschlüsse. Analysten erwarten eine Zinsanhebung, nachdem Gouverneurin Ida Wolden Bache bereits im März einen Zinsschritt für Juni angekündigt hatte. Bisher hat sich Norges Bank für Zinsschritte von 25 Basispunkten entschieden. Beobachter wollen nicht ausschließen, dass sich die Zentralbank auch angesichts des aggressiver werdenden Kurses anderer Zentralbanken ebenfalls zu einem entschlosseneren Vorgehen durchringt.

Allerdings heißt das nicht unbedingt, dass sie den Zins um 50 Basispunkte anhebt. Vielmehr könnte sie von ihrem bisher verfolgten Kurs abweichen, den Leitzins nur einmal pro Quartal zu erhöhen. Nach ihren jüngsten Aussagen will Norges Bank den geldpolitischen Schlüsselsatz bis Ende 2023 auf 2,50 Prozent bringen. Aktuell liegt er bei 0,75 Prozent.

IG Metall stellt Tarifforderungen vor

Eine gewisse Verbindung zur Geldpolitik hat auch die Veröffentlichung der Entgeltforderungen der IG Metall in der aktuellen Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie (Montag, 15.00 Uhr). Die EZB achtet nämlich genau darauf, ob und in welchen Maße die aktuell sehr hohe Inflation zu Zweitrundeneffekten führt. Die Verhandlungen für die nordwestdeutsche Eisen- und Stahlindustrie und der dann erzielte Abschluss zeigen die Richtung an, die die IG Metall einschlagen könnte.

Sie hatte für die Stahlkocher 8,2 Prozent mehr Entgelt auf zwölf Monate gefordert und 6,5 Prozent auf 18 Monate bekommen - also gut die Hälfte. Dazu kamen Einmalzahlungen zum Ausgleich für die hohen Energiepreise. Die IG Metall ist für maßvolle Lohnforderungen bekannt. Viele Unternehmen der Branche stehen im internationalen Wettbewerb.

Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt im Juni leicht

Wichtigste Veröffentlichung mit Blick auf das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist der Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni. Analysten erwarten, dass er nach zwei überraschenden Anstiegen in Folge auf 92,5 (Mai: 93,0) Punkte gesunken ist, wobei der Index der Lagebeurteilung auf 99,0 (99,5) Punkte zurückgegangen sein soll und der Index der Erwartungen auf 86,5 (86,9) Punkte.

Dahinter steckt die Überlegung, dass sich an den Problemen der Industrie mit fehlenden Zulieferungen, steigenden Einkaufspreisen und hohen Energiekosten im Juni nichts geändert haben dürfte. Im Dienstleistungssektor dürften die positiven Effekte der Aufhebung von Anti-Corona-Maßnahmen langsam auslaufen. Beeinflusst werden die Erwartungen für den Ifo wohl noch von den Einkaufsmanagerindizes (PMIs), die am Donnerstag (9.30 Uhr) veröffentlicht werden. Französische PMIs kommen bereits um 9.15 Uhr, die für den Euroraum um 10.00 Uhr.

Weitere deutsche Konjunkturdaten sind der Auftragsbestand und Auftragsreichweite der Industrie für April sowie der Frühindikator für die Exporte in Länder außerhalb der EU im Mai (Dienstag, 8.00 Uhr). Am Mittwoch (8.00 Uhr) kommen die britischen Verbraucherpreise für Mai.

DJG/hab/smh

zurück zur Übersicht